Wenn man Sushi mit Stäbchen essen kann und weiß, dass man letztere nicht senkrecht in den Reis stecken darf, heißt das noch lange nicht, dass man sich nun entspannt zurücklehnen kann ...
Dass auf einen asienunerfahrenen Europäer wie mich in puncto Essstäbchen noch viel mehr Fettnäpfchen lauern, hatte ich ja schon berichtet.
Seit letzter Woche weiß ich, dass auch das noch nicht das Ende der Fahnenstange war. Ich sage nur: Nudelsuppe.
Meine Tandempartnerin hatte für unser letztes Treffen einen kleinen Imbiss rausgesucht, der sich auf Soba (dicke spaghettiähnliche Buchweizennudeln, superlecker) spezialisiert hat, diese vor Ort frisch herstellt und in diversen Variationen (heiß und mit Brühe oder kalt und ohne Brühe, mit verschiedenen Beilagen) anbietet.
Das Ganze liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums in einem Wohngebiet, hat nur ca. 10 Sitzplätze und wird in erster Linie von der lokalen Bevölkerung frequentiert - also quasi ein Geheimtipp. Bzw. stehen die Chancen nicht schlecht, dass ich der erste Westler bin, der diese heiligen Hallen betreten hat.
Ich war ziemlich durchgefroren und habe mich deshalb für die heiße Variante, also mit Brühe, entschieden. Ja, und dann saß ich mit meinen Stäbchen vor der riesigen dampfenden Schüssel, und los ging's:
Problem 1: Die Dinger sind sehr glitschig und schwer zu greifen. Aber, genauso wie bei Essbesteck, gilt es als Faux pas, wenn Essen wieder auf den Teller oder, noch schlimmer, mit unberechenbarem Spritzen zurück in die Suppenschüssel fällt. Hier ist also höchste Konzentration gefragt.
Problem 2: Wenn man irgendwann mal eine bis mehrere Nudeln im festen Stäbchengriff hat: Rollen oder Ähnliches wie mit Spaghetti geht nicht. Also steckt man die Enden der Nudeln in den Mund (und auch dabei ist höchste Konzentration gefordert, denn das ist wieder so ein kritischer Moment, wo sie runterflutschen können). Problem 2.1: Irgendwann bekommt man einen Krampf in den Händen.
Problem 3: So, und dann hat man die Dinger erfolgreich in den Mund bugsiert und sitzt da. Die Enden hängen raus - meistens bis zur Suppe runter, wo sie dann eine nicht abzusehende Anzahl weiterer Nudeln nach sich ziehen. So wie bei dem Uraltwitz von dem weißbärtigen Mann am Nebentisch, bei dem es sich in Wirklichkeit um Tante Erna handelt, die gerade Spaghetti isst. (Narrhallamarsch...)
Und jetzt? Es heißt ja immer, dass Suppe in Japan geschlürft wird und die dazugehörigen Nudeln geräuschvoll in den Mund geschaufelt werden. Die Geräuschkulisse um mich herum bestätigt das: Da wird geschlürft und geschmatzt, dass es eine Pracht ist.
Also habe ich die Soba-Nudeln durch Erzeugung eines Unterdrucks im Mund in selbigen gezogen. Was mir als die simpelste und reinlichste Methode erschien, dazu noch halbwegs unauffällig, da geräuscharm.
Meine Tandempartnerin hat irgendwann eine Bemerkung zu dieser meiner Strategie gemacht - und bei mir läuteten die Alarmglocken. Sie meinte zwar auf meine Rückfrage, es sei alles in Ordnung, aber mein Misstrauen war geweckt. Deshalb habe ich am nächsten Tag in der Schule meine Kolleg/innen gefragt und, als die es auch nicht wussten, unsere Lehrerin. Fumiko-sensei ist supernett und fachlich sehr kompetent, aber bei so komplexen Fragen wie dieser meinigen reicht ihr Englisch manchmal nicht, weshalb ich mein Anliegen mit verschiedenen pantomimischen Bewegungen unterstrich. Als sie sich von ihrem Lachanfall wieder beruhigt hatte, bestätigte Fumiko-sensei meinen Verdacht: Hochziehen geht gar nicht. Suppe schlürfen: ja, keuchendes Schmatzen: ja, Nudeln hochziehen: NEIN. Man muss die herabhängenden Nudeln vielmehr mit den Stäbchen ergreifen und "nachschieben".
Man fängt also wieder bei Problem 1) und 2) an. Außerdem kommt noch Problem 4) dazu: Die Augen sitzen am Kopf vorne, die Nudeln jedoch hängen nach unten, befinden sich also bei normaler Sitzhaltung außerhalb oder bestenfalls an der unteren Peripherie des Sehfeldes. Man muss also entweder blind nachgreifen (wenig erfolgreich), oder nach unten schielen (schon besser, wirkt aber komisch und sorgt auf Dauer für Augenschmerzen) oder den Kopf über die Schüssel halten (also, ich meine jetzt am Tisch. Über die Suppenschüssel).
Ich bin dann Ende letzter Woche mit einem meiner Mitschüler Essen gegangen, und wir haben ein Udon-Restaurant angesteuert. Udon sind lange Weizennudeln, etwa doppelt so dick wie Spaghetti. Wollte ich schon immer mal probieren. Außerdem musste ich üben.
Also: Udon geht gar nicht. Mehr als eine Nudel auf einmal fest ergreifen? Schwierig. Und dann zielsicher den Rest der Nudel mit den Stäbchen aus dem Unterkinnbereich in den Mund schieben? Noch schwieriger. Geschmacklich fand ich Udon auch nicht so besonders - aber das lag vielleicht am Restaurant und ist jetzt hier auch egal.
Jedenfalls habe ich heute einen neuen Anlauf gestartet. Ich war in der Stadt unterwegs und bin auf dem Rückweg noch in ein "chinesisches" Restaurant, eine dieser Ketten, die es hier überall gibt. Ich hatte mich für diese Lokalität entschieden, weil sie fast leer war, und mir auch gleich einen strategisch günstigen Platz in der Ecke ausgewählt. Das Essen war sehr lecker - ich hatte mich für Suppe mit chinesischen Eiernudeln, Shrimps und Gemüse entschieden, dazu Seidentofu in einer Art Braten-Pilz-Soße mit Reis als Beilage. Dabei hatte ich es natürlich vor allem auf die Nudelsuppe abgesehen. Und ich kann stolz vermelden: Es klappte, und wie! Diese Nudeln enthalten, wie meine nachträglichen Recherchen ergaben, viel Stärke, nehmen dadurch mehr Flüssigkeit in sich auf und - für mich relevanter - kleben besser aneinander und lassen sich auch leichter mit Stäbchen greifen. Also mein Tipp für alle, die sich in diese Kunst einarbeiten wollen: Beginnt mit chinesischen Eiernudeln!
Ich hatte das Gefühl, dass mich die Bedienung immer mal wieder beobachtet hat - man fällt hier als westlicher Ausländer eben doch auf. Und nach und nach füllte sich auch die Lokalität. Aber das machte mir nichts aus, denn ich kann ja jetzt sogar ganz normal Suppennudeln mit Stäbchen essen, also quasi so wie die Japaner. Und sonst wird man hier als Westler ständig von irgendwelchen Japanern gelobt, wenn man mit Stäbchen essen kann, als sei dies eine große Kunst. Hah! Nehmt dies!
Na ja, als ich dann fertig war und aufstand, die Souveränität in Person, bin ich erstmal voll mit dem Kopf an die über dem Tisch hängende Lampe geknallt. Man kann eben nicht alles haben ...
Mittwoch, 24. Februar 2016
Regenwochenende II: Kyūshū-Nationalmuseum in Dazaifu
Am vorletzten, relativ verregneten Wochenende habe ich auch den Sonntag meiner "Places-to-see-before-you-leave-Fukuoka"-Liste gewidmet und bin nach Dazaifu gefahren. Der Ort ist unter anderem durch den Shintō-Schrein Tenman-gū bekannt, in dem der zum Kami (Gottheit, Geist, Heiliger ... der Begriff lässt sich schwer übersetzen) erhobene Gelehrte Sugawara no Michizane verehrt wird. Ich war ja schon am ersten Tag nach meiner Ankunft dort, als mich meine Vermieterin mit auf ein Klavierkonzert ihrer Tochter genommen hat und wir danach noch dorthin gefahren sind. Sugawara gilt unter anderem als eine Art Schutzpatron der Lernenden - das habe ich aber erst danach recherchiert, sonst hätte ich ihn auch um eine steilere Lernkurve beim Japanischen gebeten. Aber okay, das ist jetzt ein anderes Thema ...
Jedenfalls bin ich auch diesmal durch die Schreinanlage gelaufen, allerdings weniger wegen des Schreins selbst, sondern um irgendwo ein Mittagessen aufzutreiben. Aber Dazaifu ist so ein Postkartenort, an dem man den Fotoapparat irgendwohin halten kann, und es kommen schöne Fotos dabei raus. Ich konnte mich also nicht zurückhalten:
Doch mein eigentliches Ziel war dieses Mal nicht der Schrein, sondern das Kyūshū-Nationalmuseum - die zweite Sehenswürdigkeit, für die Dazaifu bekannt ist.
Das Gebäude liegt etwas oberhalb der Schreinanlage in den Bergen, malerisch umgeben von Nadel- und Bambuswäldern. Es ist problemlos zu Fuß in ca. 10 Minuten vom Bahnhof aus zu erreichen. Oben habe ich gemerkt, dass es sogar eine Rolltreppe gibt, falls man sich den kurzen Anstieg nicht antun will.
Das Museum wurde erst 2005 eröffnet. Das Gebäude ist riesig, fügt sich aber mit seiner wellenförmig geschwungenen Form und der verspiegelten Glas- und Stahlfassade fast schon organisch in die Landschaft ein - ein cooler Effekt, den ich so noch nie zuvor gesehen hatte:
Am Haupteingang sind mir erstmal ein paar merkwürdige Konstruktionen aufgefallen, die sich bei näherem Hinsehen als verschließbare Regenschirmhalter herausgestellt haben. Darauf muss man erst mal kommen:
Gut, jetzt aber zum eigentlichen Museum: Es gibt insgesamt vier Etagen mit Ausstellungsräumen, Läden, Konferenz- und Veranstaltungssälen etc. Ich bin in die Dauerausstellung gegangen, die sich der Geschichte Japans widmet - mit sehr starkem und erklärtem Fokus auf den Austausch und die Verflechtungsgeschichte mit dem asiatischen Festland. Das Ganze von der Steinzeit bis zum Beginn der Meiji-Zeit 1868. Das Museum stellt die Geschichte Japans im Kontext mit der gesamtasiatischen und Weltgeschichte dar und betont die Impulse, die von außen kamen (Reisanbau, Eisenverarbeitung, Reiterei, Buddhismus etc.) - was in Japan keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Ausstellung ist meiner Meinung nach optisch sehr gut gemacht: Eine riesige Haupthalle, durch Schauwände dezent in vier Bereiche aufgeteilt, und drumherum kleinere Säle, die entweder einzelne Aspekte der entsprechenden Bereiche oder Sonderthemen behandeln. In den Wänden eingelassene Vitrinen mit einer größeren Anzahl kleinerer Exponate ergänzen sich mit sehr eindrucksvollen größeren Sachen (Statuen, Schiffs- und Gebäudeteilen und -modellen, Gräbern, Sakralkunst etc.), die einzeln und frei im Raum stehen. Dazwischen sind immer wieder Exponate, die man betasten, an ihnen riechen, sie hochheben etc. kann - auch an Kinder und Menschen mit ausgeprägtem Spieltrieb wie mich wird also gedacht.
Da ich recht unbeleckt in japanischer Geschichte bin, konnte ich viel entdecken bzw. hatte einige Aha-Momente: die Sakralkunst, deren Bildsprache so komplett anders ist als das, was man in Europa so sieht; was man alles aus Keramik herstellen kann (Pferde in Originalgröße, Särge, riesige Vasen etc.); dass Japan als der östlichste Punkt der Seidenstraße dargestellt wird; wie die Geschichte unterteilt wird, welche "Zäsuren" gesetzt werden; etc.
In der Ausstellung darf man leider nicht fotografieren, also habe ich irgendwann Block und Kuli rausgeholt und angefangen, mir Notizen zu machen. Das ist dort anscheinend ungewöhnlich, denn es hat gleich zu einer gewissen Nervosität bei den zahlreichen Aufseher/innen geführt, die ansonsten entweder a) mit unbewegtem Gesicht in der Ecke standen, oder b) gemessenen Schrittes durch ihr Territorium schritten oder c) mit einem Trockentuch eifrig an den Vitrinen rumwischten.
Die eine kam dann gleich zu mir und gab mir einen Bleistift, denn Kulis sind dort anscheinend verboten. Na ja, und immer, wenn ich einen neuen Raum oder Bereich betrat, strich erst mal die entsprechende Aufsichtsperson auffällig unauffällig um mich rum, um einen Blick auf mein Schreibutensil zu werfen.
Die allermeisten Ausstellungstexte und Erklärungen zu den Exponaten sind mit englischer, chinesischer und koreanischer Übersetzung und sind recht kurz gehalten - so wie die ganze Ausstellungsgestaltung den Eindruck vermittelt, sich auf das Wesentliche zu beschränken und die Exponate für sich selbst sprechen zu lassen - ein toller Ansatz, der zum Rumlaufen und Entdecken einlädt. Da ich aber nicht über das entsprechende "cultural knowledge" verfüge, hätte ich mich über ein paar ausführlichere Überblicksdarstellungen gefreut. So habe ich einfach alles notiert, was mir so aufgefallen ist, aber das lief eher unter "name dropping" - die einzelnen Sachen fügen sich für mich noch nicht zum Gesamtbild zusammen.
Aber, wie gesagt: Tolle Ausstellung und sehr zu empfehlen, und mit 430 Yen (ca. 3,30 Euro) auch nicht teuer.
Jedenfalls bin ich auch diesmal durch die Schreinanlage gelaufen, allerdings weniger wegen des Schreins selbst, sondern um irgendwo ein Mittagessen aufzutreiben. Aber Dazaifu ist so ein Postkartenort, an dem man den Fotoapparat irgendwohin halten kann, und es kommen schöne Fotos dabei raus. Ich konnte mich also nicht zurückhalten:
Doch mein eigentliches Ziel war dieses Mal nicht der Schrein, sondern das Kyūshū-Nationalmuseum - die zweite Sehenswürdigkeit, für die Dazaifu bekannt ist.
Das Gebäude liegt etwas oberhalb der Schreinanlage in den Bergen, malerisch umgeben von Nadel- und Bambuswäldern. Es ist problemlos zu Fuß in ca. 10 Minuten vom Bahnhof aus zu erreichen. Oben habe ich gemerkt, dass es sogar eine Rolltreppe gibt, falls man sich den kurzen Anstieg nicht antun will.
Das Museum wurde erst 2005 eröffnet. Das Gebäude ist riesig, fügt sich aber mit seiner wellenförmig geschwungenen Form und der verspiegelten Glas- und Stahlfassade fast schon organisch in die Landschaft ein - ein cooler Effekt, den ich so noch nie zuvor gesehen hatte:
Längsfassade des Museums (Südseite) |
Auf der Nordseite lockt ein kleiner Park mit Bambuswald zum Spazierengehen |
Gut, jetzt aber zum eigentlichen Museum: Es gibt insgesamt vier Etagen mit Ausstellungsräumen, Läden, Konferenz- und Veranstaltungssälen etc. Ich bin in die Dauerausstellung gegangen, die sich der Geschichte Japans widmet - mit sehr starkem und erklärtem Fokus auf den Austausch und die Verflechtungsgeschichte mit dem asiatischen Festland. Das Ganze von der Steinzeit bis zum Beginn der Meiji-Zeit 1868. Das Museum stellt die Geschichte Japans im Kontext mit der gesamtasiatischen und Weltgeschichte dar und betont die Impulse, die von außen kamen (Reisanbau, Eisenverarbeitung, Reiterei, Buddhismus etc.) - was in Japan keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Ausstellung ist meiner Meinung nach optisch sehr gut gemacht: Eine riesige Haupthalle, durch Schauwände dezent in vier Bereiche aufgeteilt, und drumherum kleinere Säle, die entweder einzelne Aspekte der entsprechenden Bereiche oder Sonderthemen behandeln. In den Wänden eingelassene Vitrinen mit einer größeren Anzahl kleinerer Exponate ergänzen sich mit sehr eindrucksvollen größeren Sachen (Statuen, Schiffs- und Gebäudeteilen und -modellen, Gräbern, Sakralkunst etc.), die einzeln und frei im Raum stehen. Dazwischen sind immer wieder Exponate, die man betasten, an ihnen riechen, sie hochheben etc. kann - auch an Kinder und Menschen mit ausgeprägtem Spieltrieb wie mich wird also gedacht.
Da ich recht unbeleckt in japanischer Geschichte bin, konnte ich viel entdecken bzw. hatte einige Aha-Momente: die Sakralkunst, deren Bildsprache so komplett anders ist als das, was man in Europa so sieht; was man alles aus Keramik herstellen kann (Pferde in Originalgröße, Särge, riesige Vasen etc.); dass Japan als der östlichste Punkt der Seidenstraße dargestellt wird; wie die Geschichte unterteilt wird, welche "Zäsuren" gesetzt werden; etc.
In der Ausstellung darf man leider nicht fotografieren, also habe ich irgendwann Block und Kuli rausgeholt und angefangen, mir Notizen zu machen. Das ist dort anscheinend ungewöhnlich, denn es hat gleich zu einer gewissen Nervosität bei den zahlreichen Aufseher/innen geführt, die ansonsten entweder a) mit unbewegtem Gesicht in der Ecke standen, oder b) gemessenen Schrittes durch ihr Territorium schritten oder c) mit einem Trockentuch eifrig an den Vitrinen rumwischten.
Die eine kam dann gleich zu mir und gab mir einen Bleistift, denn Kulis sind dort anscheinend verboten. Na ja, und immer, wenn ich einen neuen Raum oder Bereich betrat, strich erst mal die entsprechende Aufsichtsperson auffällig unauffällig um mich rum, um einen Blick auf mein Schreibutensil zu werfen.
Die allermeisten Ausstellungstexte und Erklärungen zu den Exponaten sind mit englischer, chinesischer und koreanischer Übersetzung und sind recht kurz gehalten - so wie die ganze Ausstellungsgestaltung den Eindruck vermittelt, sich auf das Wesentliche zu beschränken und die Exponate für sich selbst sprechen zu lassen - ein toller Ansatz, der zum Rumlaufen und Entdecken einlädt. Da ich aber nicht über das entsprechende "cultural knowledge" verfüge, hätte ich mich über ein paar ausführlichere Überblicksdarstellungen gefreut. So habe ich einfach alles notiert, was mir so aufgefallen ist, aber das lief eher unter "name dropping" - die einzelnen Sachen fügen sich für mich noch nicht zum Gesamtbild zusammen.
Aber, wie gesagt: Tolle Ausstellung und sehr zu empfehlen, und mit 430 Yen (ca. 3,30 Euro) auch nicht teuer.
Eingangshalle |
Sonntag, 21. Februar 2016
Regenwochenende I: Hakata-ori und Spieletreff
Die Zeit vergeht wie im Flug, es passiert so viel, dass ich mit dem Bloggen gar nicht hinterherkomme ... Deshalb erst jetzt der Nachtrag zum vorletzten Wochenende: Es war Regen vorausgesagt, der zwar dann halb so wild war, aber dazu führte, dass die Nagasaki-Fahrt ein weiteres Mal verschoben wurde - und ich einige der Indoor-Aktivitäten meiner "Places-to-see-before-you-leave-Fukuoka"-Liste abgearbeitet habe.
Am Samstag war ich im Fukuoka Asian Art Museum. Mit von der Partie waren mein deutscher Mitbewohner Amine sowie Shima, eine japanische Bekannte, die ich eine Woche vorher in meinem neuen Stamm-Spielecafé kennengelernt hatte. Sie hat 8 Jahre ihres Lebens in Kanada verbracht, spricht hervorragend Englisch und studiert - wie sich dann im Museum herausstellte - Produktdesign.
Fukuoka bzw. der Norden von Kyūshū sind ja aufgrund der geographischen Lage ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und Austausch mit dem asiatischen Festland, und die Stadt pflegt dieses Image des weltoffenen japanischen "Tors zur Welt" sehr offensiv. Auch das Museum trägt dem Rechnung: Hier werden in ständig wechselnden Ausstellungen Werke zeitgenössischer Künstler/innen aus diversen asiatischen Ländern gezeigt. Außerdem gibt es verschiedene Artist-in-Residence-Programme, offene Werkstätten etc., mit denen das Museum Nachwuchskünstler/innen fördert.
Wir waren dann letztendlich nur in einer Ausstellung, und zwar über Hakata-ori. Das ist, wie ich gelernt habe, eine spezielle Webtechnik zur Herstellung von Stoffen. Diese kam im 13. Jahrhundert von China nach Japan bzw. konkret nach Fukuoka und wurde dann hier weiterentwickelt, so dass ein eigener Stil entstand. Hakata-ori zeichnet sich durch besondere Festigkeit des Materials sowie einen bestimmten Stil in der Gestaltung der Stoffe aus und unterscheidet sich beispielsweise von den Stoffen, die in Kansai produziert werden (und deren Namen ich leider vergessen habe).
Die Ausstellung selbst bestand aus Arbeiten von Collegestudent/innen unterschiedlicher Semester, aber auch von bereits etablierten Vertreter/innen der Hakataori-Handwebekunst.
Na ja, Stoffe sind jetzt nicht wirklich mein Thema und werden es wohl auch nicht werden. Aber interessant war es trotzdem: Amine und ich fielen als westliche Ausländer ziemlich auf, und anscheinend war unser Besuch etwas Besonderes, denn der Ausstellungsleiter, Herr Obuchi, nahm sich sofort unserer an, führte uns durch die Exponate und klärte uns in gutem Englisch über die Feinheiten der Stoffherstellung und -verarbeitung auf.
Auch wenn das Ganze, wie gesagt, nicht mein Thema ist: Ich fand es faszinierend, mit welcher Begeisterung Herr Obuchi von seinem Fach erzählte und wieviele Sachen er anhand eines einzigen Stücks Stoff darstellen konnte: Wie Fadenführung und Webtechnik die Gestaltung des Stoffmusters beeinflussen; wie die Webtechnik sich auf Stabilität und Reißfestigkeit des Stoffs (und damit auf seine Einsatzmöglichkeiten) auswirkt; dass Hakata-Tuch wegen seiner Reißfestigkeit z. B. für Schwertgürtel bevorzugt wurde, aber die Reißfestigkeit eine spezielle Webtechnik erfordert, die wiederum die Ornamentik beeinflusst, während die Kansai-Technik komplexere Muster ermöglicht und daher für Festgewänder bevorzugt wurde; dass jedes Muster aus einzelnen Motiven besteht, die wiederum eine tradierte Bedeutung haben; etc.
Der Blick fürs Detail, die Fokussierung auf ein eng umrissenes Gebiet und das Bestreben, auf diesem Gebiet nicht nur sehr gut, sondern perfekt zu werden - das ist es, was mich an der traditionellen japanischen Kultur so fasziniert.
Die Ausstellung war - wie das ganze Museum - sehr modern und beinhaltete auch viele Elemente, um die jüngeren Besucher/innen an dieses Thema heranzuführen: Malvorlagen über die verschiedenen Stoffmuster, verschiedene Stoffproben zum Betasten etc. Mittelpunkt des Raumes war ein Webstuhl, an dem man sich unter fachkundiger Anleitung selbst in der Handwebekunst ausprobieren konnte und auf den wir als ausländische "Ehrengäste" am Schluss unseres Besuchs selbstverständlich komplimentiert wurden:
Danach fand sich noch eine Monopoly-Runde zusammen - das Spiel scheint dort recht beliebt zu sein. Ich hatte es schon seeeeeehr lange nicht mehr gespielt und bin eigentlich auch kein großer Fan davon, aber es hat trotzdem Spaß gemacht - nicht zuletzt, weil wir dabei ziemlich viel in einem Mischmasch aus Japanisch und Englisch rumgeblödelt haben - und es ist, mit den richtigen Leuten gespielt, eine gute Möglichkeit zum Japanischüben: Man wiederholt die Zahlen, übt das Lesen der Katakana (die Straßenbezeichnungen sind in Katakana geschrieben) und lernt nützliche Wörter und Phrasen wie "Bahnhof", "würfeln", "Du bist dran", "Danke. Bitte beehren Sie uns bald wieder" sowie diverse Möglichkeiten, "Verdammt!" zu sagen.
Wen es interessiert: Ich hatte ziemliches Würfelglück, konnte mir irgendwann alle vier Bahnhöfe sowie Elektrizitäts- und Wasserwerk sichern und habe gewonnen :-)
Am Samstag war ich im Fukuoka Asian Art Museum. Mit von der Partie waren mein deutscher Mitbewohner Amine sowie Shima, eine japanische Bekannte, die ich eine Woche vorher in meinem neuen Stamm-Spielecafé kennengelernt hatte. Sie hat 8 Jahre ihres Lebens in Kanada verbracht, spricht hervorragend Englisch und studiert - wie sich dann im Museum herausstellte - Produktdesign.
Fukuoka bzw. der Norden von Kyūshū sind ja aufgrund der geographischen Lage ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und Austausch mit dem asiatischen Festland, und die Stadt pflegt dieses Image des weltoffenen japanischen "Tors zur Welt" sehr offensiv. Auch das Museum trägt dem Rechnung: Hier werden in ständig wechselnden Ausstellungen Werke zeitgenössischer Künstler/innen aus diversen asiatischen Ländern gezeigt. Außerdem gibt es verschiedene Artist-in-Residence-Programme, offene Werkstätten etc., mit denen das Museum Nachwuchskünstler/innen fördert.
Wir waren dann letztendlich nur in einer Ausstellung, und zwar über Hakata-ori. Das ist, wie ich gelernt habe, eine spezielle Webtechnik zur Herstellung von Stoffen. Diese kam im 13. Jahrhundert von China nach Japan bzw. konkret nach Fukuoka und wurde dann hier weiterentwickelt, so dass ein eigener Stil entstand. Hakata-ori zeichnet sich durch besondere Festigkeit des Materials sowie einen bestimmten Stil in der Gestaltung der Stoffe aus und unterscheidet sich beispielsweise von den Stoffen, die in Kansai produziert werden (und deren Namen ich leider vergessen habe).
Die Ausstellung selbst bestand aus Arbeiten von Collegestudent/innen unterschiedlicher Semester, aber auch von bereits etablierten Vertreter/innen der Hakataori-Handwebekunst.
Na ja, Stoffe sind jetzt nicht wirklich mein Thema und werden es wohl auch nicht werden. Aber interessant war es trotzdem: Amine und ich fielen als westliche Ausländer ziemlich auf, und anscheinend war unser Besuch etwas Besonderes, denn der Ausstellungsleiter, Herr Obuchi, nahm sich sofort unserer an, führte uns durch die Exponate und klärte uns in gutem Englisch über die Feinheiten der Stoffherstellung und -verarbeitung auf.
Auch wenn das Ganze, wie gesagt, nicht mein Thema ist: Ich fand es faszinierend, mit welcher Begeisterung Herr Obuchi von seinem Fach erzählte und wieviele Sachen er anhand eines einzigen Stücks Stoff darstellen konnte: Wie Fadenführung und Webtechnik die Gestaltung des Stoffmusters beeinflussen; wie die Webtechnik sich auf Stabilität und Reißfestigkeit des Stoffs (und damit auf seine Einsatzmöglichkeiten) auswirkt; dass Hakata-Tuch wegen seiner Reißfestigkeit z. B. für Schwertgürtel bevorzugt wurde, aber die Reißfestigkeit eine spezielle Webtechnik erfordert, die wiederum die Ornamentik beeinflusst, während die Kansai-Technik komplexere Muster ermöglicht und daher für Festgewänder bevorzugt wurde; dass jedes Muster aus einzelnen Motiven besteht, die wiederum eine tradierte Bedeutung haben; etc.
Der Blick fürs Detail, die Fokussierung auf ein eng umrissenes Gebiet und das Bestreben, auf diesem Gebiet nicht nur sehr gut, sondern perfekt zu werden - das ist es, was mich an der traditionellen japanischen Kultur so fasziniert.
Eigentlich war in der Ausstellung Fotografierverbot, aber die Arbeiten von Herrn Obuchi durfte ich ablichten. Rechts Herr Obuchi und Shima beim Fachsimpeln. |
Nach diesem Ausflug in die japanische Kulturgeschichte sind wir noch ins "Frontier" - ein gemütliches und recht gut ausgestattetes Spielecafé. Ich war jetzt schon mehrere Male dort und bin echt froh, es entdeckt zu haben. Die Spielszene in Fukuoka scheint recht klein zu sein, aber die Leute sind supernett und sehr offen. Trotz Sprachbarriere macht es einfach immer wieder Spaß, und man glaubt gar nicht, wie viel man mit Händen und Füßen rumblödeln und -witzeln kann.
Diesmal war recht viel Betrieb, es war irgendwie Spielefestival oder so was, jedenfalls waren etwa 15 Leute dort.
Ich hatte "Too many Cinderellas" mitgebracht, das ich mir hier in Fukuoka gekauft hatte und möglichst schnell mal ausprobieren wollte. Einige der Leute kannten es schon und konnten die Regeln erklären, die Shima dann ins Englische übersetzte (die Spielanleitung ist ausschließlich auf Japanisch, was meine überschaubaren Sprachkenntnisse noch überfordert). Das Spiel kam ziemlich gut an, und ich selbst bin einfach begeistert! Schnell runtergespielt, einfache Regeln, aber schöner Spielmechanismus mit interessanten Möglichkeiten zum Taktieren, das Ganze mit witzigem Thema. Soweit dazu in aller Kürze, für weitere Infos siehe Boardgamegeek.
Danach fand sich noch eine Monopoly-Runde zusammen - das Spiel scheint dort recht beliebt zu sein. Ich hatte es schon seeeeeehr lange nicht mehr gespielt und bin eigentlich auch kein großer Fan davon, aber es hat trotzdem Spaß gemacht - nicht zuletzt, weil wir dabei ziemlich viel in einem Mischmasch aus Japanisch und Englisch rumgeblödelt haben - und es ist, mit den richtigen Leuten gespielt, eine gute Möglichkeit zum Japanischüben: Man wiederholt die Zahlen, übt das Lesen der Katakana (die Straßenbezeichnungen sind in Katakana geschrieben) und lernt nützliche Wörter und Phrasen wie "Bahnhof", "würfeln", "Du bist dran", "Danke. Bitte beehren Sie uns bald wieder" sowie diverse Möglichkeiten, "Verdammt!" zu sagen.
Wen es interessiert: Ich hatte ziemliches Würfelglück, konnte mir irgendwann alle vier Bahnhöfe sowie Elektrizitäts- und Wasserwerk sichern und habe gewonnen :-)
Freitag, 12. Februar 2016
Uminonakamichi oder Auf der Suche nach einem betretbaren Sandstrand
Gestern war in Japan Feiertag ("Tag der Reichsgründung"), weshalb kein Unterricht stattfand.
Ursprünglich wollte ich nach Nagasaki fahren, aber meine Begleitung hatte kurzfristig abgesagt, so dass ich mir ein Alternativprogramm überlegen musste. Also beschloss ich, meine "Places-to-see-before-you-leave-Fukuoka"-Liste weiter abzuarbeiten, und meine Wahl fiel auf Uminonakamichi - gelegen auf einer etwa 12 Kilometer langen Landzunge, die im Norden von Fukuoka ins Genkai-Meer ragt und die Bucht von Hakata umschließt. Google Maps verriet mir, dass man von der Südseite einen schönen Blick über die Hakata-Bucht auf Fukuoka haben müsste, und auf der Nordseite konnte ich einen kilometerlangen Strand ausmachen, den ich mir auch einmal ansehen wollte. Und ich sah mich schon kilometerweit barfuß durch den Sand stapfen.
Was mich allerdings in erster Linie nach Uminonakamichi lockte, war das Marine World - ein Museum mit etwa 20.000 Meerestieren in ca. 250 Arten, mit dem größten zylindrischen Aquarium Japans, einem Haifischtunnel und diversen anderen Attraktionen.
Die Anfahrt gestaltete sich schwieriger als gedacht. Ich hatte mich für den Landweg entschieden, was sich als ziemlich viel Umsteigerei herausstellen sollte. Und der letzte Zug, der mich eigentlich nach Uminonakamichi bringen sollte, kehrte dann eine Station vorher aus mir unerfindlichen Gründen wieder um ... Durch die ganze Rumgondelei konnte ich zwar intensiv die Gegend betrachten, was auch durchaus interessant war, verlor aber auch ziemlich viel Zeit, und da Marine World in den Wintermonaten auch noch kürzere Öffnungszeiten hat, hätte ich nur noch drei Stunden dort gehabt. Das erschien mir zu wenig. Also Plan B: Strandspaziergang.
Auf der Südseite der Landzunge, direkt beim Marine World, gibt es zwar eine schöne Uferpromenade, von wo aus man einen guten Blick über die Hakata-Bucht nach Fukuoka hat - vor allem auf die Hafenanlagen. Aber am Ufer sind überall Zäune, ziemlich bald schließt sich ein Yachthafen an ... Hier ist also nichts mit ausgedehntem Strand- oder wenigstens Uferspaziergang.
Also bin ich zurück zur Nordseite getrabt (die Landzunge ist an dieser Stelle weniger als einen Kilometer breit). Hier befindet sich die Bahnstation, wo ich angekommen war, und der Eingang zum Uminonakamichi Seaside Park - einem Freizeitpark für die ganze Familie mit Streichelzoo, diversen Spielplätzen etc. Ich musste dann ziemlich schnell feststellen, dass der Park dort überall ist - die Landzunge besteht an dieser Stelle aus der Bahnlinie und einer parallel dazu verlaufenden Straße, rechts und links daneben ist alles Park - eingezäunt, versteht sich. Keine Chance, sich durchs Gestrüpp zur Nordseite zu schlagen, der Weg zum Strand führt durch den Park bzw. der Strand gehört anscheinend zum Park. Der Eintritt kostet zum Glück nur 200 Yen - ca. 1,50 Euro. Also los. Westliche Ausländer scheinen sich relativ selten dorthin zu verlaufen, jedenfalls zog ich gefühlt mehr Aufmerksamkeit auf mich als z. B. im Stadtzentrum von Fukuoka. Es gab aber kostenlose Parkpläne nicht nur auf Japanisch, sondern auch auf Chinesisch, Koreanisch und Englisch - über so was freue ich mich immer, weil ich dann mit dem japanischen und englischen Exemplar ein bisschen Wortschatzarbeit machen kann.
Im Park habe ich dann festgestellt, dass 1) selbiger riesig ist, definitiv größer als z. B. der Park Sanssouci in Potsdam, 2) der Weg zum Strand über einen kilometerlangen Fahrradparcours führt und 3) der Strand nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Und es stehen auch alle 50 Meter Schilder, die einen an diesen Umstand erinnern. Falls man es mal vergessen sollte.
Ich bin also ca. 4 Kilometer die asphaltierte Fahrradpiste entlang - immer parallel zum Strand, diesen quasi zum Greifen nah, mit schöner Sicht auf das offene Genkai-Meer. Der Strand scheint erst vor ca. 15 Jahren durch Landgewinnung entstanden zu sein und ist durchzogen von Holzpalisaden, hinter denen sich anscheinend Flugsand abgelagert hat oder Erdreich aufgeschüttet wurde. Die Vegetation besteht in diesem Parkbereich aus niedrigen Kieferngehölzen (höchstens 5 Meter hoch), größtenteils Baumschulen. Es gibt einige Schautafeln, auf denen Flora und Fauna der Landschaft erklärt sind, auch unter dem Aspekt des Erosionsschutzes, und einen "Eco-Friendly Forest" (schöne Bezeichnung), ein Aufforstungsprojekt, wo Workshops für Schulklassen stattfinden.
Die Piste verläuft größtenteils schnurgerade, und oft waren keine anderen Leute zu sehen. Dann wieder kamen mir Radfahrergruppen entgegen, die den zügig dahinmarschierenden Westler neugierig beäugten. Mir schien es, dass dieser Teil des Parks vom Konzept her aus dem Fahrradparcours besteht - und es war für mich bis zum Schluss nicht ganz eindeutig, ob "Fahrradparcours" jetzt bedeutet, dass dort ausschließlich Fahrräder fahren dürfen.
Es war trotzdem ein schöner Spaziergang, auch wenn der Strand tatsächlich über die gesamte Länge des Fahrradparcours gesperrt ist. An den meisten Stellen kommt man sowieso nicht drauf - die Holzpalisaden versperren den Weg. Und überall, wo eine Lücke in den Palisaden ist, steht das obligatorische Verbotsschild gleich davor.
Das Ganze hat (zumindest für mich) auf den zweiten Blick was Surreales: Einerseits die trotz des Sonnenscheins leicht rauh bzw. karg wirkende Landschaft mit dem trockenen Sandboden, den niedrigen Kiefern, dem Meereswind und den Bergen, die in der Ferne im Dunst verschwimmen; andererseits die perfekt in Schuss gehaltene Piste, die in regelmäßigen Abständen auftauchenden, blitzsauberen Toiletten, natürlich vollautomatisiert, daneben der obligatorische Getränkeautomat, das absolute Fehlen jeglicher Art von Müll und das perfektionistisch gestaltete Beschilderungssystems, mit dem man zuverlässig zu Rastplätzen, Toiletten, Ruheräumen, Notrufsäulen etc. geleitet wird sowie fast schon bevormundend noch von der allerkleinsten Lücke in den Palisaden vertrieben wird, damit man bloß nicht auch nur auf den Gedanken kommt, das Verbot zu umgehen und den Strand zu betreten. Auf dem Strand lag dann übrigens Müll rum, aber wohl nicht von heimlichen Picknicks, sondern angeschwemmt und -geweht.
Ursprünglich wollte ich nach Nagasaki fahren, aber meine Begleitung hatte kurzfristig abgesagt, so dass ich mir ein Alternativprogramm überlegen musste. Also beschloss ich, meine "Places-to-see-before-you-leave-Fukuoka"-Liste weiter abzuarbeiten, und meine Wahl fiel auf Uminonakamichi - gelegen auf einer etwa 12 Kilometer langen Landzunge, die im Norden von Fukuoka ins Genkai-Meer ragt und die Bucht von Hakata umschließt. Google Maps verriet mir, dass man von der Südseite einen schönen Blick über die Hakata-Bucht auf Fukuoka haben müsste, und auf der Nordseite konnte ich einen kilometerlangen Strand ausmachen, den ich mir auch einmal ansehen wollte. Und ich sah mich schon kilometerweit barfuß durch den Sand stapfen.
Was mich allerdings in erster Linie nach Uminonakamichi lockte, war das Marine World - ein Museum mit etwa 20.000 Meerestieren in ca. 250 Arten, mit dem größten zylindrischen Aquarium Japans, einem Haifischtunnel und diversen anderen Attraktionen.
Da muss ich unbedingt noch rein ... |
Auf der Südseite der Landzunge, direkt beim Marine World, gibt es zwar eine schöne Uferpromenade, von wo aus man einen guten Blick über die Hakata-Bucht nach Fukuoka hat - vor allem auf die Hafenanlagen. Aber am Ufer sind überall Zäune, ziemlich bald schließt sich ein Yachthafen an ... Hier ist also nichts mit ausgedehntem Strand- oder wenigstens Uferspaziergang.
Uferpromenade am Marine World mit Blick über die Hakata-Bucht |
Vorsicht vor den Krähen! |
Also bin ich zurück zur Nordseite getrabt (die Landzunge ist an dieser Stelle weniger als einen Kilometer breit). Hier befindet sich die Bahnstation, wo ich angekommen war, und der Eingang zum Uminonakamichi Seaside Park - einem Freizeitpark für die ganze Familie mit Streichelzoo, diversen Spielplätzen etc. Ich musste dann ziemlich schnell feststellen, dass der Park dort überall ist - die Landzunge besteht an dieser Stelle aus der Bahnlinie und einer parallel dazu verlaufenden Straße, rechts und links daneben ist alles Park - eingezäunt, versteht sich. Keine Chance, sich durchs Gestrüpp zur Nordseite zu schlagen, der Weg zum Strand führt durch den Park bzw. der Strand gehört anscheinend zum Park. Der Eintritt kostet zum Glück nur 200 Yen - ca. 1,50 Euro. Also los. Westliche Ausländer scheinen sich relativ selten dorthin zu verlaufen, jedenfalls zog ich gefühlt mehr Aufmerksamkeit auf mich als z. B. im Stadtzentrum von Fukuoka. Es gab aber kostenlose Parkpläne nicht nur auf Japanisch, sondern auch auf Chinesisch, Koreanisch und Englisch - über so was freue ich mich immer, weil ich dann mit dem japanischen und englischen Exemplar ein bisschen Wortschatzarbeit machen kann.
Im Park habe ich dann festgestellt, dass 1) selbiger riesig ist, definitiv größer als z. B. der Park Sanssouci in Potsdam, 2) der Weg zum Strand über einen kilometerlangen Fahrradparcours führt und 3) der Strand nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Und es stehen auch alle 50 Meter Schilder, die einen an diesen Umstand erinnern. Falls man es mal vergessen sollte.
Ich bin also ca. 4 Kilometer die asphaltierte Fahrradpiste entlang - immer parallel zum Strand, diesen quasi zum Greifen nah, mit schöner Sicht auf das offene Genkai-Meer. Der Strand scheint erst vor ca. 15 Jahren durch Landgewinnung entstanden zu sein und ist durchzogen von Holzpalisaden, hinter denen sich anscheinend Flugsand abgelagert hat oder Erdreich aufgeschüttet wurde. Die Vegetation besteht in diesem Parkbereich aus niedrigen Kieferngehölzen (höchstens 5 Meter hoch), größtenteils Baumschulen. Es gibt einige Schautafeln, auf denen Flora und Fauna der Landschaft erklärt sind, auch unter dem Aspekt des Erosionsschutzes, und einen "Eco-Friendly Forest" (schöne Bezeichnung), ein Aufforstungsprojekt, wo Workshops für Schulklassen stattfinden.
Die Piste verläuft größtenteils schnurgerade, und oft waren keine anderen Leute zu sehen. Dann wieder kamen mir Radfahrergruppen entgegen, die den zügig dahinmarschierenden Westler neugierig beäugten. Mir schien es, dass dieser Teil des Parks vom Konzept her aus dem Fahrradparcours besteht - und es war für mich bis zum Schluss nicht ganz eindeutig, ob "Fahrradparcours" jetzt bedeutet, dass dort ausschließlich Fahrräder fahren dürfen.
Es war trotzdem ein schöner Spaziergang, auch wenn der Strand tatsächlich über die gesamte Länge des Fahrradparcours gesperrt ist. An den meisten Stellen kommt man sowieso nicht drauf - die Holzpalisaden versperren den Weg. Und überall, wo eine Lücke in den Palisaden ist, steht das obligatorische Verbotsschild gleich davor.
Das Ganze hat (zumindest für mich) auf den zweiten Blick was Surreales: Einerseits die trotz des Sonnenscheins leicht rauh bzw. karg wirkende Landschaft mit dem trockenen Sandboden, den niedrigen Kiefern, dem Meereswind und den Bergen, die in der Ferne im Dunst verschwimmen; andererseits die perfekt in Schuss gehaltene Piste, die in regelmäßigen Abständen auftauchenden, blitzsauberen Toiletten, natürlich vollautomatisiert, daneben der obligatorische Getränkeautomat, das absolute Fehlen jeglicher Art von Müll und das perfektionistisch gestaltete Beschilderungssystems, mit dem man zuverlässig zu Rastplätzen, Toiletten, Ruheräumen, Notrufsäulen etc. geleitet wird sowie fast schon bevormundend noch von der allerkleinsten Lücke in den Palisaden vertrieben wird, damit man bloß nicht auch nur auf den Gedanken kommt, das Verbot zu umgehen und den Strand zu betreten. Auf dem Strand lag dann übrigens Müll rum, aber wohl nicht von heimlichen Picknicks, sondern angeschwemmt und -geweht.
Der Fahrradrundparcour, der die verschiedenen Teile des Parks miteinander verbindet |
Was nützt der schönste Strand, wenn man nicht drauf darf? |
Den Rückweg nach Fukuoka habe ich per Fähre bestritten - die Überfahrt ist mit 8 Euro etwas teurer als die Verbindung per Zug und U-Bahn, geht aber schneller und macht auch viel mehr Spaß:
Blick auf Fukuoka - auf dem Hügel rechts der Nishi-Park: Dort befinden sich noch Überreste von Verteidigungswällen gegen die Angriffe der Mongolen. Außerdem ca. 1300 Kirschbäume. |
Rechts das Baseballstadion der Fukuoka SoftBank Hawks, das auch für Konzerte genutzt wird. Rechts daneben die Hawks Town Mall - ein beliebtes Einkaufszentrum |
Der Fährhafen Momochi-Marizon, dahinter der Fukuoka Tower - mit 134 Metern der höchste Küstenturm Japans. Oben ist eine Aussichtsplattform - die auch noch auf meiner To-Do-Liste steht. |
So sieht die Anlegestation von der Landseite aus ... |
... und daneben, zu Füßen des Fukuoka Towers, ist dann endlich ein Strand, den man betreten darf! |
Donnerstag, 11. Februar 2016
Sprachspielereien
Heute habe ich im Unterricht meinen ersten offiziellen Wortwitz auf Japanisch gemacht.
Als wir in der Schule ankamen, hat es leicht genieselt, weshalb ich auf die Frage unserer Lehrerin, wie es uns gehe (auf Japanisch wörtlich etwa: "Wie ist das Wohlbefinden?"), geantwortet habe:
GEN-ki wa ii des, TEN-ki ga warui des.
(Das Wohlbefinden (genki) ist gut, das Wetter (tenki) ist schlecht)
Kam aber nicht rüber ...
Als wir in der Schule ankamen, hat es leicht genieselt, weshalb ich auf die Frage unserer Lehrerin, wie es uns gehe (auf Japanisch wörtlich etwa: "Wie ist das Wohlbefinden?"), geantwortet habe:
GEN-ki wa ii des, TEN-ki ga warui des.
(Das Wohlbefinden (genki) ist gut, das Wetter (tenki) ist schlecht)
Kam aber nicht rüber ...
Den Seinen gibt der Herr im Schlaf ...
Ich finde es generell sehr schwer, mir neue japanische Wörter einzuprägen. Japanisch klingt total anders als die Sprachen, die ich bisher gelernt habe, und da mein Wortschatz immer noch sehr klein ist, kann ich neue Wörter noch nicht mit bekannten sinnvoll verknüpfen. Also müssen oft die allerbescheuertsten Eselsbrücken her.
Besondere Probleme hatte ich mit dem Verb 働きます (hatarakimasu) = arbeiten. Und nicht nur ich, sondern sämtliche meiner Kolleg/innen aus dem Japanischkurs (es sind noch zwei Neue dazugekommen, so dass wir jetzt zu fünft sind).
Wir haben nämlich diese Woche endlich mit den Verben angefangen (die ja für den Alltag ganz praktisch sein sollen ...), das inhaltliche Thema ist "Tagesablauf". Dafür sind im vierten Kapitel unseres Japanischlehrbuchs (Minna no Nihongo) sage und schreibe 6 Verben als Lernstoff vorgesehen: aufstehen, arbeiten, Pause machen, aufhören (zu arbeiten), lernen und schlafen.Was ja erstmal recht übersichtlich ist.
Aber wirklich der ganze Kurs hat sich mit "hatarakimasu" abgeplagt: "Öhm... hakata... haratadi... Harakiri?"
Das Ganze war die letzten Tage DER running gag bei uns.
Und diese Nacht habe ich das Wort geträumt. Kein Blödsinn. Es war in so einer Dämmerphase zwischen Schlafen und Wachzustand, ich hatte vorher wahrscheinlich irgendwas Anderes geträumt, und plötzlich erschien das Wort vor mir, in Hiragana geschrieben - SPLASH! Dazu meine innere Stimme, deutlich akzentuierend: HATARAKIMASU.
Ja, und seitdem sitzt es.
Besondere Probleme hatte ich mit dem Verb 働きます (hatarakimasu) = arbeiten. Und nicht nur ich, sondern sämtliche meiner Kolleg/innen aus dem Japanischkurs (es sind noch zwei Neue dazugekommen, so dass wir jetzt zu fünft sind).
Wir haben nämlich diese Woche endlich mit den Verben angefangen (die ja für den Alltag ganz praktisch sein sollen ...), das inhaltliche Thema ist "Tagesablauf". Dafür sind im vierten Kapitel unseres Japanischlehrbuchs (Minna no Nihongo) sage und schreibe 6 Verben als Lernstoff vorgesehen: aufstehen, arbeiten, Pause machen, aufhören (zu arbeiten), lernen und schlafen.Was ja erstmal recht übersichtlich ist.
Aber wirklich der ganze Kurs hat sich mit "hatarakimasu" abgeplagt: "Öhm... hakata... haratadi... Harakiri?"
Das Ganze war die letzten Tage DER running gag bei uns.
Und diese Nacht habe ich das Wort geträumt. Kein Blödsinn. Es war in so einer Dämmerphase zwischen Schlafen und Wachzustand, ich hatte vorher wahrscheinlich irgendwas Anderes geträumt, und plötzlich erschien das Wort vor mir, in Hiragana geschrieben - SPLASH! Dazu meine innere Stimme, deutlich akzentuierend: HATARAKIMASU.
Ja, und seitdem sitzt es.
Mittwoch, 10. Februar 2016
Japanisch lernen mit allen Sinnen, diesmal: der Geschmackssinn ...
Irgendwie dreht sich hier immer mehr ums Thema "Essen". Andererseits ist Essen auch für die Japaner sehr wichtig, und ich will mich ja ein bisschen anpassen, von daher passt das schon ...
Ich hatte gestern die große Ehre, in einem richtig edlen japanischen Restaurant zu speisen, mit niedrigen Tischen, Schuhe ausziehen, Tatamimatten, Schiebetüren aus dünnem Holz und ausgesuchten Delikatessen wie kaki (Austern), tsukune (gebratenen Hühnerfleischklößchen am Spieß, auf unterschiedliche Arten gewürzt), tara (Pazifischem Kabeljau, der auf der Zunge zerging), Sashimi aus eingelegter Pferdeleber (jawoll, und die sind richtig lecker! Umami pur!), raffiniert gewürzten panierten Hühnerkoteletts, diversen Salaten und Amaou-Erdbeeren - eine Fukuokaer Spezialität, die japanweit als Delikatesse gilt, laut einem meiner Lieblingsjapanblogs zwar eine Erfindung der Marketingindustrie ist, aber trotzdem süß, fruchtig und erdbeerig schmeckt. Und das um die Jahreszeit ...
Wie kam es zu diesen lukullischen Genüssen? Ich habe bereits am ersten Tag nach meiner Ankunft, also bevor überhaupt der offizielle Unterricht losging, eine Tandempartnerin gefunden. Chikako-san, meine Vermieterin, hatte mich an diesem Tag gleich mal mit auf ein Klavierkonzert ihrer Tochter genommen und hat mich dort mit Kayo bekannt gemacht. Kayo ist, so wie Chikako-san, Klavierlehrerin und wird im März eine ihrer Schülerinnen auf eine Konzertreise nach Budapest begleiten - ihr erster Aufenthalt in Europa. Dafür muss sie dringend ihr Englisch aufpolieren, und hier komme ich ins Spiel.
Ihr Mann betreibt das eben erwähnte Restaurant und kocht dort auch selbst, und wir haben unser gestriges zweites Treffen dort abgehalten - eine sehr angenehme Art des Tandemsprachlernens. Dabei habe ich ein paar für mich aufschlussreiche Beobachtungen gemacht:
1) Mein Japanisch hat sich im Vergleich zur letzten Woche verbessert. Das Niveau ist zwar immer noch niedrig, aber ich konnte ein paar Sachen formulieren, die ich letzte Woche nicht rausgebracht hätte. Und ich kann dem allgemeinen Gesprächsverlauf besser folgen und isoliere häufiger als vor einer Woche einzelne Wörter, die ich aus dem Kontext verstehe. Leider schaffe ich es nicht, mir diese Wörter dann nur vom Zuhören zu merken, auch wenn sie während des Gesprächs mehrmals fallen. Ich muss mir immer sofort alles aufschreiben und dann zu Hause wiederholen - aber ich will natürlich auch nicht immer mit Notizblock rumrennen, das zerstört ja auch die Gesprächsatmosphäre.
Egal, interessanter war sowieso folgende Einsicht:
2) Deutschland bzw. Europa allgemein kann bei Japanern, die noch nie dort waren, ähnlich exotisch und mit halbgaren Klischees und Stereotypen behaftet sein wie umgekehrt Japan für Europäer.
Wie ich darauf kam? Kayo hat mir bei unserem Treffen ziemlich viele Fragen über Deutschland gestellt, besonders, wer hätte es gedacht, rund ums Thema "Essen". Bei jeder Speise, die reingetragen wurde, hat sie gefragt, ob es das in Deutschland auch gebe, und dann gespannt bzw. ängstlich mein Mienenspiel beim ersten Bissen beobachtet. Soviel Sorge um mein Wohlergehen als Gast rührten mich natürlich, und ich habe sie dann irgendwann beruhigt, dass Fisch und Muscheln sowie Geflügel-, Rinder- und anderes Nichtschweinefleisch durchaus in Deutschland bekannt seien, ebenso wie Kartoffeln und diverse andere Gemüsesorten (besonders das mit den Kartoffeln sorgte witzigerweise für Staunen), und dass es zwar korrekt sei, dass es in Deutschland Bier, Wiener Würstchen und Brot gebe, ersteres und letzteres in einer bemerkenswerten Vielfalt, ja, auch das sei zutreffend, sich jedoch mein persönlicher Speiseplan und wohl auch der meiner allermeisten Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht nur auf diese Nahrungsmittel beschränke. Und ich deshalb kein Problem mit japanischem Essen habe. Im Gegenteil, ich fände hier alles sehr lecker. Von Nattō mal abgesehen.
Ich frage mich seitdem, inwiefern westliche Ausländer (konkret: ich) hier von "den Japanern" als "anders", als Exoten wahrgenommen werden. Das öffnet jetzt das große Fass "Eigenwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung" - der Punkt ist natürlich, dass ich mich hier trotz allem nicht als Exot sehe - auch wenn ich manche Sachen anders mache, als ein Japaner sie machen würde, und manche Codes und Gepflogenheiten noch nicht durchschaue, weil sie nicht so funktionieren, wie ich es aus Deutschland, Ostmittel- oder Osteuropa kenne. Zum Beispiel die Etikette beim Essen, was mich zu Punkt 3 bringt.
3) Tischmanieren sind nicht ganz unkompliziert. Also, ich meine jetzt nicht in privatem Rahmen, wo das relativ entspannt ist und man mit dem üblichen Japanversteherbücherwissen hinkommt ("Stäbchen nicht senkrecht in das Essen stecken, bringt Unglück, weil es an Speisegaben für Verstorbene erinnert", "nicht mit Stäbchen auf andere Leute zeigen", "nicht mit den Stäbchen rumfuchteln" etc. blabla), sondern bei offiziellen Anlässen - z. B. dem Besuch in einem feinen japanischen Restaurant. Daher war es gut, das gestern mal in geschütztem Rahmen ausprobieren zu können. Da gibt es nämlich durchaus Feinheiten, die man als Unerfahrener nur schwer voraussehen kann. Inwiefern meine gestrigen Beobachtungen allgemeingültig sind, kann ich nicht einschätzen. Sicher gibt es da individuelle und vielleicht auch regionale Unterschiede. Außerdem war es keine ganz offizielle Situation: Das Restaurant war das von Kayos Mann, und wir hatten ein Separée, es war also quasi "erweitertes Wohnzimmer". Und Kayos kleine Tochter war dabei, sie ist total niedlich, aber sie hat natürlich, für ihr Alter normal, in Bezug auf Tischmanieren noch Einiges zu lernen - und lenkte dankenswerterweise durch diverse Aktionen immer wieder von meinen faux pas ab.
Was mir so aufgefallen ist:
- Am Anfang bekommt man ein geschmackvoll gerolltes/gefaltetes, angefeuchtetes Handtuch, welches zum Säubern der Hände verwendet wird - jedoch nicht nur.
- Es gibt Speisen, die nur für einen persönlich sind, und andere (z. B. Salat) für die Allgemeinheit. Wenn man sich von den allgemeinen Sachen was auf den Teller holt, tut man dies mit seinen Essstäbchen (hashi) - allerdings dreht man die Stäbchen dafür um und verwendet das hintere Ende. Salatbesteck oder Ähnliches gibt es nicht. Das wusste ich prinzipiell schon vorher - das Problem war vielmehr, die Gerichte für die Allgemeinheit von denen für mich persönlich zu unterscheiden. Motto: Wenn der Kellner dir den Salat direkt vor die Nase stellt, heißt das anscheinend noch nicht, dass er nur für dich ist. Und wenn man dann einfach mit dem Verzehr von selbigem beginnt (mit dem vorderen Ende der Stäbchen), kann dies zu Irritationen führen.
- Sind die Stäbchen nicht im Gebrauch, z. B. während einer angeregten Konversation, gibt es spezielle Ablagen (hashioki), auf denen jene platziert werden. Dabei ruhen die hinteren Enden der Stäbchen auf dem Tisch.
- So, wer jetzt aufgepasst hat, wird gleich dazwischenrufen: Aber die hinteren Enden sind doch evtl. durch die sachgerechte Überführung allgemeinen Essens auf den eigenen Teller beschmutzt! Das ist korrekt. Hier kommt das oben erwähnte Feuchttuch zum Einsatz, an welchem die hinteren Enden der o-hashi nach jedem Gebrauch abgewischt werden. Ansonsten scheint es nicht dramatisch zu sein, wenn die verschmutzten hinteren Enden der Stäbchen die Tischplatte berühren. (Das käme hin, denn das japanische Konzept von "Sauberkeit" unterscheidet sich allgemein von dem in Deutschland - aber das ist jetzt ein anderes Thema). Aber in diesem Punkt werde ich mir noch mal eine unabhängige Meinung einholen - ich bin mir nicht sicher, ob meine diesbezügliche, auf Englisch gestellte Frage verstanden wurde.
- Generell gilt anscheinend die Regel: Im Zweifelsfall lieber mit Stäbchen essen als irgendwie anders. Die tsukune beispielsweise (längliche, raffiniert gewürzte, gebratene Hühnerfleischklößchen an Holzspießchen, die ganze Konstruktion ca. 6 Zentimeter lang) wären in Deutschland ein klassisches Fingerfood. Und mal ehrlich: Wie soll man die mit Stäbchen essen? Viel zu umständlich. Bzw. ich bin einfach gar nicht auf die Idee gekommen, und habe die Spieße (die auch noch ein breites Ende haben, wie geschaffen zum Greifen) ganz selbstverständlich genommen und abgeknabbert.
Und das war anscheinend falsch.
Denn die Japaner lieben umständlich (ich sage nur: drei Schriftsysteme). Die richtige Lösung ist: Man ergreife das Ende des Spießchens mit der einen Hand, streife dann mit Hilfe der in der anderen Hand gehaltenen o-hashi das Fleischklößchen auf den Teller und esse es dann auf übliche Weise. Also mit den Stäbchen. Da muss man erst mal draufkommen!
Am Rande sei noch erwähnt, dass in Japan manche Türen eher niedrig sind und man sich dabei den Kopf anrempeln kann. Zum Beispiel beim Betreten eines Restaurants, das sich im Kellergeschoss eines älteren Gebäudes befindet. In seltenen Fällen auch noch ein zweites Mal beim Verlassen desselben.
Ich hatte gestern die große Ehre, in einem richtig edlen japanischen Restaurant zu speisen, mit niedrigen Tischen, Schuhe ausziehen, Tatamimatten, Schiebetüren aus dünnem Holz und ausgesuchten Delikatessen wie kaki (Austern), tsukune (gebratenen Hühnerfleischklößchen am Spieß, auf unterschiedliche Arten gewürzt), tara (Pazifischem Kabeljau, der auf der Zunge zerging), Sashimi aus eingelegter Pferdeleber (jawoll, und die sind richtig lecker! Umami pur!), raffiniert gewürzten panierten Hühnerkoteletts, diversen Salaten und Amaou-Erdbeeren - eine Fukuokaer Spezialität, die japanweit als Delikatesse gilt, laut einem meiner Lieblingsjapanblogs zwar eine Erfindung der Marketingindustrie ist, aber trotzdem süß, fruchtig und erdbeerig schmeckt. Und das um die Jahreszeit ...
Wie kam es zu diesen lukullischen Genüssen? Ich habe bereits am ersten Tag nach meiner Ankunft, also bevor überhaupt der offizielle Unterricht losging, eine Tandempartnerin gefunden. Chikako-san, meine Vermieterin, hatte mich an diesem Tag gleich mal mit auf ein Klavierkonzert ihrer Tochter genommen und hat mich dort mit Kayo bekannt gemacht. Kayo ist, so wie Chikako-san, Klavierlehrerin und wird im März eine ihrer Schülerinnen auf eine Konzertreise nach Budapest begleiten - ihr erster Aufenthalt in Europa. Dafür muss sie dringend ihr Englisch aufpolieren, und hier komme ich ins Spiel.
Ihr Mann betreibt das eben erwähnte Restaurant und kocht dort auch selbst, und wir haben unser gestriges zweites Treffen dort abgehalten - eine sehr angenehme Art des Tandemsprachlernens. Dabei habe ich ein paar für mich aufschlussreiche Beobachtungen gemacht:
1) Mein Japanisch hat sich im Vergleich zur letzten Woche verbessert. Das Niveau ist zwar immer noch niedrig, aber ich konnte ein paar Sachen formulieren, die ich letzte Woche nicht rausgebracht hätte. Und ich kann dem allgemeinen Gesprächsverlauf besser folgen und isoliere häufiger als vor einer Woche einzelne Wörter, die ich aus dem Kontext verstehe. Leider schaffe ich es nicht, mir diese Wörter dann nur vom Zuhören zu merken, auch wenn sie während des Gesprächs mehrmals fallen. Ich muss mir immer sofort alles aufschreiben und dann zu Hause wiederholen - aber ich will natürlich auch nicht immer mit Notizblock rumrennen, das zerstört ja auch die Gesprächsatmosphäre.
Egal, interessanter war sowieso folgende Einsicht:
2) Deutschland bzw. Europa allgemein kann bei Japanern, die noch nie dort waren, ähnlich exotisch und mit halbgaren Klischees und Stereotypen behaftet sein wie umgekehrt Japan für Europäer.
Wie ich darauf kam? Kayo hat mir bei unserem Treffen ziemlich viele Fragen über Deutschland gestellt, besonders, wer hätte es gedacht, rund ums Thema "Essen". Bei jeder Speise, die reingetragen wurde, hat sie gefragt, ob es das in Deutschland auch gebe, und dann gespannt bzw. ängstlich mein Mienenspiel beim ersten Bissen beobachtet. Soviel Sorge um mein Wohlergehen als Gast rührten mich natürlich, und ich habe sie dann irgendwann beruhigt, dass Fisch und Muscheln sowie Geflügel-, Rinder- und anderes Nichtschweinefleisch durchaus in Deutschland bekannt seien, ebenso wie Kartoffeln und diverse andere Gemüsesorten (besonders das mit den Kartoffeln sorgte witzigerweise für Staunen), und dass es zwar korrekt sei, dass es in Deutschland Bier, Wiener Würstchen und Brot gebe, ersteres und letzteres in einer bemerkenswerten Vielfalt, ja, auch das sei zutreffend, sich jedoch mein persönlicher Speiseplan und wohl auch der meiner allermeisten Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht nur auf diese Nahrungsmittel beschränke. Und ich deshalb kein Problem mit japanischem Essen habe. Im Gegenteil, ich fände hier alles sehr lecker. Von Nattō mal abgesehen.
Ich frage mich seitdem, inwiefern westliche Ausländer (konkret: ich) hier von "den Japanern" als "anders", als Exoten wahrgenommen werden. Das öffnet jetzt das große Fass "Eigenwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung" - der Punkt ist natürlich, dass ich mich hier trotz allem nicht als Exot sehe - auch wenn ich manche Sachen anders mache, als ein Japaner sie machen würde, und manche Codes und Gepflogenheiten noch nicht durchschaue, weil sie nicht so funktionieren, wie ich es aus Deutschland, Ostmittel- oder Osteuropa kenne. Zum Beispiel die Etikette beim Essen, was mich zu Punkt 3 bringt.
3) Tischmanieren sind nicht ganz unkompliziert. Also, ich meine jetzt nicht in privatem Rahmen, wo das relativ entspannt ist und man mit dem üblichen Japanversteherbücherwissen hinkommt ("Stäbchen nicht senkrecht in das Essen stecken, bringt Unglück, weil es an Speisegaben für Verstorbene erinnert", "nicht mit Stäbchen auf andere Leute zeigen", "nicht mit den Stäbchen rumfuchteln" etc. blabla), sondern bei offiziellen Anlässen - z. B. dem Besuch in einem feinen japanischen Restaurant. Daher war es gut, das gestern mal in geschütztem Rahmen ausprobieren zu können. Da gibt es nämlich durchaus Feinheiten, die man als Unerfahrener nur schwer voraussehen kann. Inwiefern meine gestrigen Beobachtungen allgemeingültig sind, kann ich nicht einschätzen. Sicher gibt es da individuelle und vielleicht auch regionale Unterschiede. Außerdem war es keine ganz offizielle Situation: Das Restaurant war das von Kayos Mann, und wir hatten ein Separée, es war also quasi "erweitertes Wohnzimmer". Und Kayos kleine Tochter war dabei, sie ist total niedlich, aber sie hat natürlich, für ihr Alter normal, in Bezug auf Tischmanieren noch Einiges zu lernen - und lenkte dankenswerterweise durch diverse Aktionen immer wieder von meinen faux pas ab.
Was mir so aufgefallen ist:
- Am Anfang bekommt man ein geschmackvoll gerolltes/gefaltetes, angefeuchtetes Handtuch, welches zum Säubern der Hände verwendet wird - jedoch nicht nur.
- Es gibt Speisen, die nur für einen persönlich sind, und andere (z. B. Salat) für die Allgemeinheit. Wenn man sich von den allgemeinen Sachen was auf den Teller holt, tut man dies mit seinen Essstäbchen (hashi) - allerdings dreht man die Stäbchen dafür um und verwendet das hintere Ende. Salatbesteck oder Ähnliches gibt es nicht. Das wusste ich prinzipiell schon vorher - das Problem war vielmehr, die Gerichte für die Allgemeinheit von denen für mich persönlich zu unterscheiden. Motto: Wenn der Kellner dir den Salat direkt vor die Nase stellt, heißt das anscheinend noch nicht, dass er nur für dich ist. Und wenn man dann einfach mit dem Verzehr von selbigem beginnt (mit dem vorderen Ende der Stäbchen), kann dies zu Irritationen führen.
- Sind die Stäbchen nicht im Gebrauch, z. B. während einer angeregten Konversation, gibt es spezielle Ablagen (hashioki), auf denen jene platziert werden. Dabei ruhen die hinteren Enden der Stäbchen auf dem Tisch.
- So, wer jetzt aufgepasst hat, wird gleich dazwischenrufen: Aber die hinteren Enden sind doch evtl. durch die sachgerechte Überführung allgemeinen Essens auf den eigenen Teller beschmutzt! Das ist korrekt. Hier kommt das oben erwähnte Feuchttuch zum Einsatz, an welchem die hinteren Enden der o-hashi nach jedem Gebrauch abgewischt werden. Ansonsten scheint es nicht dramatisch zu sein, wenn die verschmutzten hinteren Enden der Stäbchen die Tischplatte berühren. (Das käme hin, denn das japanische Konzept von "Sauberkeit" unterscheidet sich allgemein von dem in Deutschland - aber das ist jetzt ein anderes Thema). Aber in diesem Punkt werde ich mir noch mal eine unabhängige Meinung einholen - ich bin mir nicht sicher, ob meine diesbezügliche, auf Englisch gestellte Frage verstanden wurde.
- Generell gilt anscheinend die Regel: Im Zweifelsfall lieber mit Stäbchen essen als irgendwie anders. Die tsukune beispielsweise (längliche, raffiniert gewürzte, gebratene Hühnerfleischklößchen an Holzspießchen, die ganze Konstruktion ca. 6 Zentimeter lang) wären in Deutschland ein klassisches Fingerfood. Und mal ehrlich: Wie soll man die mit Stäbchen essen? Viel zu umständlich. Bzw. ich bin einfach gar nicht auf die Idee gekommen, und habe die Spieße (die auch noch ein breites Ende haben, wie geschaffen zum Greifen) ganz selbstverständlich genommen und abgeknabbert.
Und das war anscheinend falsch.
Denn die Japaner lieben umständlich (ich sage nur: drei Schriftsysteme). Die richtige Lösung ist: Man ergreife das Ende des Spießchens mit der einen Hand, streife dann mit Hilfe der in der anderen Hand gehaltenen o-hashi das Fleischklößchen auf den Teller und esse es dann auf übliche Weise. Also mit den Stäbchen. Da muss man erst mal draufkommen!
Am Rande sei noch erwähnt, dass in Japan manche Türen eher niedrig sind und man sich dabei den Kopf anrempeln kann. Zum Beispiel beim Betreten eines Restaurants, das sich im Kellergeschoss eines älteren Gebäudes befindet. In seltenen Fällen auch noch ein zweites Mal beim Verlassen desselben.
Montag, 8. Februar 2016
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil ...
... wie ich mal wieder gemerkt habe, als ich am Samstag auf der Suche nach einem bestimmten Café war, um mich nach einem dort regelmäßig stattfindenden Spieletreff zu erkundigen. Adressen sind in Japan ein bisschen kompliziert, wenn man als Unbeleckter so wie ich auf der Suche nach einem bestimmten Haus ist. Die in Europa üblichen Strategien funktionieren nämlich nicht: Kleinere Straßen haben keine Namen, Straßenschilder gibt es nur an den Kreuzungen großer Straßen, und die Häuser tragen keine Nummern. Das nur, um die Problematik kurz zu umreißen. Für nähere Infos siehe z. B. Wikipedia.
Um die Orientierung zu erleichtern, gibt es an Kreuzungen und anderen markanten Punkten Umgebungspläne. Die sehen dann so aus:
Die Dinger sind nicht genordet, sondern hängen nach Blickrichtung. Hab ich zumindest in einem meiner schlauen Japanvorbereitungsbücher gelesen. Und das kommt auch hin. Wenn mehrere davon nebeneinander hängen, muss man sich allerdings erstmal auf jedem orientieren, welche Blickrichtung jetzt eigentlich gemeint ist. Die kann nämlich auch mal abweichen. Das meinte ich zumindest vorgestern geschlussfolgert zu haben. Roter Pfeil mit der Aufschrift "Sie befinden sich hier" oder Ähnliches? Fehlanzeige.
Na ja, ich habe mich jedenfalls etwa 10 Minuten mit diesem Plan beschäftigt, ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen. Auf dem Plan sind anscheinend die diversen mehrstöckigen Gebäude der Umgebung eingezeichnet, und es ist auch vermerkt, in welchem Stock welches Unternehmen/Büro/Restaurant/Café etc. ist. Viele der Bezeichnungen sind in Katakana, d. h. ich hatte eine realistische Chance, diese Nuss zu knacken - dachte ich. Ich habe also ein paar Sachen entziffert, sie mir eingeprägt und bin dann ein paar Meter die Straße auf und ab, um das Ganze mit den Schildern an den Hauseingängen bzw. irgendwelchen Reklamebannern zu vergleichen. Ergebnis: nada - Wirklichkeit und Plan stimmten einfach nicht überein. Und ich weiß bis jetzt nicht, wo der Denkfehler war. Der Plan sieht etwas älter aus - vielleicht werden schneller neue Geschäfte eröffnet, als das Ding aktualisiert wird?
Auch wenn ich ab einem gewissen Punkt versucht habe, das Ganze einfach nur noch als eine Art Leseübung zu sehen, war ich dann doch irgendwann ziemlich angenervt. Vor allem, weil meine Frustrationstoleranzakkus in Bezug aufs Japanischlernen nach der ersten Woche hier sowieso im roten Bereich waren.
Ich habe das Café dann letztendlich doch ohne Plan gefunden - die Werbeaufschrift war kleiner als erwartet, so dass ich sie beim ersten Vorbeilaufen übersehen hatte. Es befindet sich genau da, wo es laut Google Maps sein sollte.
Es ist einfach immer wieder krass, wie eingeschränkt man ist, wenn man nur einen Bruchteil lesen, geschweige denn verstehen kann bzw. Geschriebenes nicht in annehmbar kurzer Zeit erfassen kann.
Das Viertel, wo sich der Plan sowie besagtes Café befinden, liegt in der Nähe meiner Sprachschule. Heute bin ich gleich nach dem Unterricht auf direktem Weg zum Café, weil dort ein Spieletreff stattfand. Aber in den nächsten Tagen schaffe ich es sicher, nochmal zu dem Plan zu gehen - ich muss einfach wissen, wie diese Dinger funktionieren.
Um die Orientierung zu erleichtern, gibt es an Kreuzungen und anderen markanten Punkten Umgebungspläne. Die sehen dann so aus:
Die Dinger sind nicht genordet, sondern hängen nach Blickrichtung. Hab ich zumindest in einem meiner schlauen Japanvorbereitungsbücher gelesen. Und das kommt auch hin. Wenn mehrere davon nebeneinander hängen, muss man sich allerdings erstmal auf jedem orientieren, welche Blickrichtung jetzt eigentlich gemeint ist. Die kann nämlich auch mal abweichen. Das meinte ich zumindest vorgestern geschlussfolgert zu haben. Roter Pfeil mit der Aufschrift "Sie befinden sich hier" oder Ähnliches? Fehlanzeige.
Na ja, ich habe mich jedenfalls etwa 10 Minuten mit diesem Plan beschäftigt, ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen. Auf dem Plan sind anscheinend die diversen mehrstöckigen Gebäude der Umgebung eingezeichnet, und es ist auch vermerkt, in welchem Stock welches Unternehmen/Büro/Restaurant/Café etc. ist. Viele der Bezeichnungen sind in Katakana, d. h. ich hatte eine realistische Chance, diese Nuss zu knacken - dachte ich. Ich habe also ein paar Sachen entziffert, sie mir eingeprägt und bin dann ein paar Meter die Straße auf und ab, um das Ganze mit den Schildern an den Hauseingängen bzw. irgendwelchen Reklamebannern zu vergleichen. Ergebnis: nada - Wirklichkeit und Plan stimmten einfach nicht überein. Und ich weiß bis jetzt nicht, wo der Denkfehler war. Der Plan sieht etwas älter aus - vielleicht werden schneller neue Geschäfte eröffnet, als das Ding aktualisiert wird?
Auch wenn ich ab einem gewissen Punkt versucht habe, das Ganze einfach nur noch als eine Art Leseübung zu sehen, war ich dann doch irgendwann ziemlich angenervt. Vor allem, weil meine Frustrationstoleranzakkus in Bezug aufs Japanischlernen nach der ersten Woche hier sowieso im roten Bereich waren.
Ich habe das Café dann letztendlich doch ohne Plan gefunden - die Werbeaufschrift war kleiner als erwartet, so dass ich sie beim ersten Vorbeilaufen übersehen hatte. Es befindet sich genau da, wo es laut Google Maps sein sollte.
Es ist einfach immer wieder krass, wie eingeschränkt man ist, wenn man nur einen Bruchteil lesen, geschweige denn verstehen kann bzw. Geschriebenes nicht in annehmbar kurzer Zeit erfassen kann.
Das Viertel, wo sich der Plan sowie besagtes Café befinden, liegt in der Nähe meiner Sprachschule. Heute bin ich gleich nach dem Unterricht auf direktem Weg zum Café, weil dort ein Spieletreff stattfand. Aber in den nächsten Tagen schaffe ich es sicher, nochmal zu dem Plan zu gehen - ich muss einfach wissen, wie diese Dinger funktionieren.
Meine Flitterwochen mit der japanischen Sprache sind vorbei ...
So, die erste Unterrichtswoche ist vorbei, und ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich k. o. Weniger vom Unterricht, das ist ein geschützter Rahmen, wo ich Sachen ausprobieren kann, als vielmehr generell von der Dauerberieselung mit Japanisch. In diesem Punkt war ich echt ziemlich naiv. Es strengt mich mehr an als erwartet, die Antennen die ganze Zeit auf eine immer noch zu 99 Prozent fremde Sprache auszurichten und zu versuchen, irgendwelche Fetzen zu verstehen und - in guten Momenten - auch mal selbst drei zusammenhängende Wörter von mir zu geben, die grammatikalisch, lexikalisch, morphologisch, syntaktisch und nicht zu vergessen pragmatisch bzw. höflichkeitsstufenmäßig zumindest nicht komplett danebenschießen.
Japanisch ist halt einfach komplett anders als alle Sprachen, in die ich bisher so reingeschnuppert habe. Das bedeutet auch, dass es gefühlt zehn mal so lange dauert, bis ich mir ein neues Wort gemerkt habe, weil es einfach meist nichts gibt, womit ich es verbinden kann, und mir die allerbescheuertsten Eselsbrücken bauen muss.
Und um die Sache rund zu machen, kommen auch noch die komplett fremden Schriftzeichen dazu.
Auch in diesem Punkt war ich wirklich supernaiv und habe zwar in Deutschland aus Spaß an der Freud immer so nebenbei meine Kanjis gelernt, aber mir die Tragweite des Konzepts "Kanji" im Vorfeld einfach nicht bewusst gemacht: Die Dinger sind hier überall!!! Und zwar ohne englische Übersetzung. Und ich kann sie allergrößtenteils nicht lesen! Und die 80-100 Kanjis, die ich zumindest passiv beherrsche, was mich schon einiges an Zeit und Energie gekostet hat, sind einfach mal lächerlich!
Ich bin ein erwachsener Mensch, spreche mehrere Sprachen, habe in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet und bin auch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Aber hier bin ich einfach mal Analphabet. Und das finde ich gerade superfrustrierend!!!
Ich gehe zum Beispiel in den Supermarkt und kann die Aufschriften allergrößtenteils nicht lesen! Wenn ich nur Bananen und 'ne Flasche Saft kaufen will, sind die Aufschriften ja relativ wurscht und die Artikel selbsterklärend. Aber am Samstag hatte ich z. B. am Abend noch Lust auf irgendeine Kleinigkeit mit Fleisch, gerne Hühnchen, bin nochmal in den Supermarkt hier um die Ecke gegangen und dachte mir dort: "Na, die panierten Schnitzel (Huhn? Schwein? Egal!) sehen ja lecker aus, in Kombi mit dem Salat da drüben genau das, was ich will. Und irgendwo lässt sich hier sicher noch Brot oder Reis oder irgendeine sonstige Beilage auftreiben." So, und dann saß ich hier mit einer Art paniertem Kartoffelpüree mit Mais drin, und ich meine, die haben da auch noch irgendwie Fisch mit reingemischt. Was ja an sich nichts Schlechtes ist, aber es ist eben nicht das, was ich wollte. Und sowas nervt einfach.
Gerade eben habe ich die gestern in ebennämlichem Supermarkt gekaufte Packung mit Sushi-Röllchen geöffnet und festgestellt, dass die Dinger mit Nattō gefüllt sind (über dessen Geschmack ich mich ja schon ausgelassen habe). Ich sehe natürlich selbst, dass das Ganze nicht einer gewissen Komik entbehrt, aber bei Essen hört bei mir der Spaß einfach mal auf!
Zur eingangs erwähnten allgemeinen Müdigkeit und den hier allgegenwärtigen komischen und weniger komischen Schriftzeichen ist mir noch aufgefallen:
Hier spielt wohl auch eine Sache rein, die mir vorher in der Tragweite gar nicht bewusst war, weil sie im Alltag keine Konsequenzen hatte: Ich bin ein Mensch, der viel liest - im Sinne von: Wenn ich durch die Stadt laufe und mir irgendwo ein Schriftzug ins Auge springt, sei es Reklame, Hinweis- oder Straßenschild, muss ich ihn lesen. Die lateinische Schrift scanne ich automatisch durch, und wenn es eine Sprache ist, die ich kann, erfasse ich die Wörter, verstehe das Ganze, und gut is. In einem Land, dessen Sprache ich nicht oder nur teilweise kann, suche ich trotzdem automatisch bekannte Sachen, aber selbst, wenn ich diese nicht finde, strengt das nicht so an, und der Prozess läuft halb unterbewusst ab.
Dieses Hinsehenmüssen kann ich auch hier in Japan irgendwie nicht abstellen. Bloß mit dem Unterschied, dass ich hier natürlich nicht lesen kann. Aber ich suche trotzdem nach bekannten Sachen. Wenn ich Zeichen als Hiragana oder Katakana identifiziere, fange ich an, sie zu entziffern. Und das frisst Aufmerksamkeit, sprich: Energie. Auch wenn ich eigentlich einfach nur an dem Schild vorbeigehen will, lese ich mich automatisch fest und muss mich dann losreißen. Katakana und Hiragana entziffere ich dabei immer noch einzeln - ganze Wörter mit einem Blick erfassen (so sie denn komplett in Hiragana/Katakana geschrieben sind) ist immer noch nicht drin. Kanjis scanne ich ab, ob ich sie kenne ... Es ist wie ein Zwang. Und es nervt.
Es gibt ja das schon leicht ausgeleierte Bonmot, dass manche Sprachen wie Pfirsiche sind: Leicht reinzukommen, aber wenn man zum Kern vorstößt, wird es hart. Andere Sprachen sind wie Kokosnüsse: Schwer reinzukommen, aber wenn man die Anfangsschwierigkeiten gemeistert hat, ist alles gut. Und X ist demnach einfach ein Stein ... Ersetze X durch "Japanisch", dann beschreibt das meinen aktuellen Gefühlszustand, was Japanisch als Sprache betrifft ...
Japanisch ist halt einfach komplett anders als alle Sprachen, in die ich bisher so reingeschnuppert habe. Das bedeutet auch, dass es gefühlt zehn mal so lange dauert, bis ich mir ein neues Wort gemerkt habe, weil es einfach meist nichts gibt, womit ich es verbinden kann, und mir die allerbescheuertsten Eselsbrücken bauen muss.
Und um die Sache rund zu machen, kommen auch noch die komplett fremden Schriftzeichen dazu.
Auch in diesem Punkt war ich wirklich supernaiv und habe zwar in Deutschland aus Spaß an der Freud immer so nebenbei meine Kanjis gelernt, aber mir die Tragweite des Konzepts "Kanji" im Vorfeld einfach nicht bewusst gemacht: Die Dinger sind hier überall!!! Und zwar ohne englische Übersetzung. Und ich kann sie allergrößtenteils nicht lesen! Und die 80-100 Kanjis, die ich zumindest passiv beherrsche, was mich schon einiges an Zeit und Energie gekostet hat, sind einfach mal lächerlich!
Ich bin ein erwachsener Mensch, spreche mehrere Sprachen, habe in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet und bin auch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Aber hier bin ich einfach mal Analphabet. Und das finde ich gerade superfrustrierend!!!
Ich gehe zum Beispiel in den Supermarkt und kann die Aufschriften allergrößtenteils nicht lesen! Wenn ich nur Bananen und 'ne Flasche Saft kaufen will, sind die Aufschriften ja relativ wurscht und die Artikel selbsterklärend. Aber am Samstag hatte ich z. B. am Abend noch Lust auf irgendeine Kleinigkeit mit Fleisch, gerne Hühnchen, bin nochmal in den Supermarkt hier um die Ecke gegangen und dachte mir dort: "Na, die panierten Schnitzel (Huhn? Schwein? Egal!) sehen ja lecker aus, in Kombi mit dem Salat da drüben genau das, was ich will. Und irgendwo lässt sich hier sicher noch Brot oder Reis oder irgendeine sonstige Beilage auftreiben." So, und dann saß ich hier mit einer Art paniertem Kartoffelpüree mit Mais drin, und ich meine, die haben da auch noch irgendwie Fisch mit reingemischt. Was ja an sich nichts Schlechtes ist, aber es ist eben nicht das, was ich wollte. Und sowas nervt einfach.
Gerade eben habe ich die gestern in ebennämlichem Supermarkt gekaufte Packung mit Sushi-Röllchen geöffnet und festgestellt, dass die Dinger mit Nattō gefüllt sind (über dessen Geschmack ich mich ja schon ausgelassen habe). Ich sehe natürlich selbst, dass das Ganze nicht einer gewissen Komik entbehrt, aber bei Essen hört bei mir der Spaß einfach mal auf!
Zur eingangs erwähnten allgemeinen Müdigkeit und den hier allgegenwärtigen komischen und weniger komischen Schriftzeichen ist mir noch aufgefallen:
Hier spielt wohl auch eine Sache rein, die mir vorher in der Tragweite gar nicht bewusst war, weil sie im Alltag keine Konsequenzen hatte: Ich bin ein Mensch, der viel liest - im Sinne von: Wenn ich durch die Stadt laufe und mir irgendwo ein Schriftzug ins Auge springt, sei es Reklame, Hinweis- oder Straßenschild, muss ich ihn lesen. Die lateinische Schrift scanne ich automatisch durch, und wenn es eine Sprache ist, die ich kann, erfasse ich die Wörter, verstehe das Ganze, und gut is. In einem Land, dessen Sprache ich nicht oder nur teilweise kann, suche ich trotzdem automatisch bekannte Sachen, aber selbst, wenn ich diese nicht finde, strengt das nicht so an, und der Prozess läuft halb unterbewusst ab.
Dieses Hinsehenmüssen kann ich auch hier in Japan irgendwie nicht abstellen. Bloß mit dem Unterschied, dass ich hier natürlich nicht lesen kann. Aber ich suche trotzdem nach bekannten Sachen. Wenn ich Zeichen als Hiragana oder Katakana identifiziere, fange ich an, sie zu entziffern. Und das frisst Aufmerksamkeit, sprich: Energie. Auch wenn ich eigentlich einfach nur an dem Schild vorbeigehen will, lese ich mich automatisch fest und muss mich dann losreißen. Katakana und Hiragana entziffere ich dabei immer noch einzeln - ganze Wörter mit einem Blick erfassen (so sie denn komplett in Hiragana/Katakana geschrieben sind) ist immer noch nicht drin. Kanjis scanne ich ab, ob ich sie kenne ... Es ist wie ein Zwang. Und es nervt.
Es gibt ja das schon leicht ausgeleierte Bonmot, dass manche Sprachen wie Pfirsiche sind: Leicht reinzukommen, aber wenn man zum Kern vorstößt, wird es hart. Andere Sprachen sind wie Kokosnüsse: Schwer reinzukommen, aber wenn man die Anfangsschwierigkeiten gemeistert hat, ist alles gut. Und X ist demnach einfach ein Stein ... Ersetze X durch "Japanisch", dann beschreibt das meinen aktuellen Gefühlszustand, was Japanisch als Sprache betrifft ...
Freitag, 5. Februar 2016
Spiele - eine erste Ausbeute
Eines meiner Hobbys sind ja Brett- und Kartenspiele, und deshalb will ich meine Zeit hier auch nutzen, um mich mal ausführlich auf dem japanischen Spielemarkt umzusehen.
Zum einen suche ich natürlich interessante Sachen für zukünftige private Spielerunden, denn es gibt eine Reihe guter Spiele von japanischen Autoren, die international erfolgreich sind, und ich bin mir sicher, dass es da noch weitere Schätze zu entdecken gibt. Dieses Thema ist recht neu für mich, richtig aufmerksam darauf wurde ich erst Ende letzten Jahres durch den sehr inspirierenden Spieleblog von Hilko Drude, für den ich jetzt hier einfach mal unverschämt Schleichwerbung mache.
Zum anderen bin ich aber auch immer auf der Suche nach handelsüblichen Spielen, die man im Fremdsprachenunterricht einsetzen kann und die in meinen Daf-Spieleblog passen. In diesem speziellen Fall suche ich allerdings eher Sachen für mich und mein Japanisch (und hoffe natürlich, dabei auf Spiele zu stoßen, die man auch für Deutsch abwandeln kann). Da werde ich auch mal diverse Kinderabteilungen aufsuchen, es muss doch irgendwelche guten Sachen zum Kanji-Lernen etc. geben ...
Jedenfalls habe ich meinen ersten Beutezug in Bezug auf Spiele schon hinter mir: Auf dem Stadtspaziergang, den wir am Einführungstag machten, kamen wir praktischerweise gleich an einer Filiale von Yellow Submarine vorbei - eine Kette für Spiele unterschiedlichster Couleur und Hobbyartikel, die ich schon im Vorfeld meiner Abreise mal recherchiert hatte. Ich bin dann auf dem Nachhauseweg natürlich gleich reingegangen und war begeistert: Die Abteilung für Gesellschaftsspiele nimmt zwar nur eine Ecke des Geschäfts ein (das Hauptsortiment bilden Trading Card Games), ist aber gut bestückt: Die üblichen Verdächtigen wie Carcassonne, Siedler, Dixit, Dominion, Bohnanza, Saboteur etc. haben mich nicht überrascht, aber die haben ein echt gutes und vielfältiges Sortiment, in dem auch neuere Sachen (z. B. Colt Express, Camel Cup, Concept, Codenames) vertreten sind. Viele "Klassiker" gibt es in einer japanischen Ausgabe, ansonsten haben sie vor allem deutsche Ausgaben, denen dann eine Spielanleitung auf Japanisch beigefügt ist.
Aber sie haben auch einige Sachen japanischer Autoren, überwiegend Kartenspiele in angenehm kleiner Verpackung, und da habe ich natürlich gleich mal zugeschlagen:
Die blaue Schachtel ist "Too many Cinderellas" - ein interaktives und schnelles Kartenspiel, das schon von Vornherein auf meiner Einkaufsliste stand und das bei einem meiner nächsten Spieleabende auf jeden Fall auf den Tisch kommt.
Das rote Spiel ist ein Solitärspiel, ich habe es mal auf gut Glück mitgenommen. Nach einigem Suchen im Wörterbuch weiß ich nun, dass es Otomejima (Insel der Jungfrauen) heißt - der Schachtelinhalt ist, wie mich die hilfsbereiten und sehr netten Verkäufer schon vorgewarnt hatten, nur auf Japanisch, und eine englische Spielanleitung habe ich bisher nicht im Internet gefunden. Aber das steigert nur die Vorfreude.
Und das längliche ist ein recht simples, aber nett gemachtes Memo-Spiel, das ich in erster Linie mitgenommen habe, weil der Inhalt aus Bildkärtchen besteht - die in Hiragana/Katakana beschriftet sind, d. h. ich kann sie sogar lesen. Das Spiel heißt Ichigorira, was "ein Gorilla" bedeutet, aber gleichzeitig auch ein Wortspiel aus ichi (eins), go (fünf) und ichigo (Erdbeere) ist. Konsequenterweise spielen die Erdbeere und die Zahlen eins und fünf eine gewisse Rolle.
Vorhin war ich nochmal dort, um mich nach Spieletreffs in Fukuoka zu erkundigen. Die Verkäufer sprechen zwar kein Englisch, aber mit Händen, Füßen und dem Wörterbuch klappte es, und sie haben mir ein paar Adressen ausgedruckt. Mal sehen, ob ich eine nette Spielerunde finde.
Zum einen suche ich natürlich interessante Sachen für zukünftige private Spielerunden, denn es gibt eine Reihe guter Spiele von japanischen Autoren, die international erfolgreich sind, und ich bin mir sicher, dass es da noch weitere Schätze zu entdecken gibt. Dieses Thema ist recht neu für mich, richtig aufmerksam darauf wurde ich erst Ende letzten Jahres durch den sehr inspirierenden Spieleblog von Hilko Drude, für den ich jetzt hier einfach mal unverschämt Schleichwerbung mache.
Zum anderen bin ich aber auch immer auf der Suche nach handelsüblichen Spielen, die man im Fremdsprachenunterricht einsetzen kann und die in meinen Daf-Spieleblog passen. In diesem speziellen Fall suche ich allerdings eher Sachen für mich und mein Japanisch (und hoffe natürlich, dabei auf Spiele zu stoßen, die man auch für Deutsch abwandeln kann). Da werde ich auch mal diverse Kinderabteilungen aufsuchen, es muss doch irgendwelche guten Sachen zum Kanji-Lernen etc. geben ...
Jedenfalls habe ich meinen ersten Beutezug in Bezug auf Spiele schon hinter mir: Auf dem Stadtspaziergang, den wir am Einführungstag machten, kamen wir praktischerweise gleich an einer Filiale von Yellow Submarine vorbei - eine Kette für Spiele unterschiedlichster Couleur und Hobbyartikel, die ich schon im Vorfeld meiner Abreise mal recherchiert hatte. Ich bin dann auf dem Nachhauseweg natürlich gleich reingegangen und war begeistert: Die Abteilung für Gesellschaftsspiele nimmt zwar nur eine Ecke des Geschäfts ein (das Hauptsortiment bilden Trading Card Games), ist aber gut bestückt: Die üblichen Verdächtigen wie Carcassonne, Siedler, Dixit, Dominion, Bohnanza, Saboteur etc. haben mich nicht überrascht, aber die haben ein echt gutes und vielfältiges Sortiment, in dem auch neuere Sachen (z. B. Colt Express, Camel Cup, Concept, Codenames) vertreten sind. Viele "Klassiker" gibt es in einer japanischen Ausgabe, ansonsten haben sie vor allem deutsche Ausgaben, denen dann eine Spielanleitung auf Japanisch beigefügt ist.
Aber sie haben auch einige Sachen japanischer Autoren, überwiegend Kartenspiele in angenehm kleiner Verpackung, und da habe ich natürlich gleich mal zugeschlagen:
Die blaue Schachtel ist "Too many Cinderellas" - ein interaktives und schnelles Kartenspiel, das schon von Vornherein auf meiner Einkaufsliste stand und das bei einem meiner nächsten Spieleabende auf jeden Fall auf den Tisch kommt.
Das rote Spiel ist ein Solitärspiel, ich habe es mal auf gut Glück mitgenommen. Nach einigem Suchen im Wörterbuch weiß ich nun, dass es Otomejima (Insel der Jungfrauen) heißt - der Schachtelinhalt ist, wie mich die hilfsbereiten und sehr netten Verkäufer schon vorgewarnt hatten, nur auf Japanisch, und eine englische Spielanleitung habe ich bisher nicht im Internet gefunden. Aber das steigert nur die Vorfreude.
Und das längliche ist ein recht simples, aber nett gemachtes Memo-Spiel, das ich in erster Linie mitgenommen habe, weil der Inhalt aus Bildkärtchen besteht - die in Hiragana/Katakana beschriftet sind, d. h. ich kann sie sogar lesen. Das Spiel heißt Ichigorira, was "ein Gorilla" bedeutet, aber gleichzeitig auch ein Wortspiel aus ichi (eins), go (fünf) und ichigo (Erdbeere) ist. Konsequenterweise spielen die Erdbeere und die Zahlen eins und fünf eine gewisse Rolle.
Vorhin war ich nochmal dort, um mich nach Spieletreffs in Fukuoka zu erkundigen. Die Verkäufer sprechen zwar kein Englisch, aber mit Händen, Füßen und dem Wörterbuch klappte es, und sie haben mir ein paar Adressen ausgedruckt. Mal sehen, ob ich eine nette Spielerunde finde.
Donnerstag, 4. Februar 2016
Kulinarisches
Wie ich in einem der früheren Posts geschrieben habe: Essen zieht bei den Japanern immer. Und das kulinarische Angebot hier ist wirklich krass: An jeder Ecke gibt es kleinere und größere Etablissements mit japanischer, chinesischer, indischer, italienischer und sonstiger Küche. Es gibt überall Automaten, wo man sich Heiß- und Kaltgetränke, aber auch einfache Gerichte wie Suppen etc. rauslassen kann. In den Supermärkten und an Straßenverkaufsständen gibt es Bentō - fertige Mahlzeiten, warm oder kalt, in Plastikschachteln. Das kann Sushi sein, Reis mit Gemüse und Ei, diverse raffinierte Fleisch- oder Fischgerichte mit verschiedenen Beilagen ... Ein Angebot, das vor allem die sararymen (Angestellten) für ihre Mittagspause nutzen. Und Essen kann erstaunlich günstig sein: Schon für 400 Yen (ca. 3 Euro) bekommt man eine vollwertige Mahlzeit.
Es gibt in Japan sogar ausgesuchte Klassiker der deutschen Küche, wie ich heute feststellen konnte, als ich mit meinen beiden Mitschülerinnen nach dem Unterricht noch auf der Suche nach einem guten und preiswerten Sushi-Restaurant durch die Innenstadt gezogen bin:
Ja, Mythos Sushi: Natürlich war ich neugierig darauf, wie das Sushi in Japan schmeckt. Besser als in Deutschland? Und um diese Frage zu beantworten, habe ich weder Kosten noch Mühen gescheut, und habe gründlich, wie ich nun mal bin, bisher (Stand: 5. Tag in Japan) dreimal Sushi gegessen. Davon einmal in der Form von Bentō aus dem Supermarkt (mit Tofu und Gemüse) und zweimal in einer der diversen Sushi-Ketten, so richtig mit Laufband und alles vollautomatisiert und lustigen Pling-Geräuschen, wenn das über einen Touch-Screen bestellte Essen an den Tisch befördert wurde.
Und nun kann ich schon mal zwei Ergebnisse als Zwischenstand meiner Recherchen festhalten:
1) Ja, das Sushi ist besser als in Deutschland, auch in den Ketten, wo ein Teller mit zwei Nigiri 100 Yen (ca. 75 Cent) kostet! Vielfältiger, mit anderen und geschmacklich interessanteren Zutaten ... Mehr gibt es zu diesem Aspekt eigentlich nicht zu sagen. Frage beantwortet.
2) Sushi-Kette ist nicht gleich Sushi-Kette. Da gibt es durchaus Unterschiede, die einem hungrigen, aber unerfahrenen Neuling wie mir das Schmausen in diesen Etablissements zu einer Herausforderung machen können. Letzeren Aspekt möchte ich im Folgenden etwas weiter ausführen:
Ich habe eine Tandempartnerin gefunden (mehr dazu in einem eigenen Post - der Post zum Thema "Wie läuft es eigentlich mit dem Japanischlernen?" ist langsam wirklich überfällig), und die hat mich und ihre Kinder zum Abschluss unseres ersten Treffens noch zum Essen in ein Sushi-Kado-Restaurant (Kette) ausgeführt. Und das war auch gut, denn ohne fachkundige - sprich: japanische - Begleitung hätte ich mich wahrscheinlich das erste Mal komplett zum Deppen gemacht. Aber jetzt weiß ich so halbwegs, wie es funktioniert: Man geht rein, meldet sich beim Empfang, bekommt einen Tisch zugewiesen und eine Karte mit Strichcode, auf der, so meine Vermutung, die Tischnummer gespeichert ist. Der Tisch befindet sich dann direkt am Band (genauer gesagt: an den Bändern, denn es gibt deren zwei, und zwar übereinander). Auf dem unteren laufen die Teller mit Sushi in allen möglichen und unmöglichen Variationen vorbei, und man nimmt sich von dort einfach, was einen anspricht. Sollte der Tisch geostrategisch ungünstig gelegen sein - sprich: die anderen Gäste an den Tischen vorher nehmen sich immer schon die interessanten Sachen runter - , kann man sich alle Gerichte auch über einen Touch-Screen bestellen, über den jeder Tisch verfügt. Dort findet man auch Gerichte, die nicht auf dem unteren Band laufen - Suppen, Getränke, Nachtische etc. Diese Sachen werden dann nach Bestellung über das obere Band geliefert und stoppen zielgenau vor dem Tisch. Man nimmt sie sich runter, drückt einen Knopf, und die Transportbehälter schießen wieder zurück in die Küche. Cooool!
Leere Teller schiebt man in einen seitlich angebrachten Schlitz. Der Preis der Gerichte wird so automatisch abgerechnet. Geschirr und Besteck, diverse Soßen und Gewürze sowie Grünteepulver und fließend heißes Wasser befinden sich an jedem Tisch und sind im Preis inbegriffen. Man sollte - zumindest, wenn man sich in der Begleitung von Japanern befindet - darauf achten, nicht die falsche Soße zum Sushi zu erwischen (die Flaschen sind natürlich nur Japanisch beschriftet, und was die zweite Soße war, die ich mir irrtümlicherweise eingegossen habe und die mir dann entrissen wurde, weiß ich immer noch nicht, denn ich habe das Kanji bisher noch nicht in meinem Wörterbuch gefunden ...)
Ebenfalls sollte man das Wissen der japanischen Begleitung nutzen und sich ein paar Sachen bestellen lassen, denn so kann man viel Neues entdecken: Sushi mit einer Art Kraut, das sich auf den zweiten Blick als kleine Fischchen herausstellte und angenehm knusprig ist, verschiedene Fischsorten - meine persönliche Neuentdeckung ist katsuo (Bonito-Fisch, eine Tunfischart) und die diversen Nachtische.
Mit diesem Vorwissen ausgestattet, wagte ich mich heute, gemeinsam mit meinen beiden Kolleginnen aus dem Japanischkurs, ein weiteres Mal in ein solches Sushi-Restaurant (ebenfalls Sushi-Kado) - und sollte einige Unterschiede bemerken: Dort muss man im Eingangsbereich auf einem Touch-Screen eintippen, zu wievielt man ist und ob man einen Tisch will oder einen bzw. mehrere nebeneinanderliegende Einzelplätze, und bekommt dann eine Wartenummer. Hier mussten wir einen der wartenden Einheimischen um Unterstützung bitten, denn leider reichten unsere gesammelten Japanisch-Kenntnisse noch nicht aus, und einen Knopf zum Umschalten auf Englisch fanden wir nicht.
Irgendwann wird dann die Nummer aufgerufen - wobei "teburu" ("table") und Einzelplatz anscheinend getrennte Systeme sind, denn als die Kellnerin unsere Wartenummer aufrief und ich zu ihr dackelte, stolz wie Oskar, dass ich die Zahl verstanden hatte, wurde ich mit einem serviceorientierten Lächeln zurückgeschickt - , und man wird zum Platz geleitet.
Geschirr und Besteck (= Stäbchen) am Platz, Grünteepulver + Hahn mit heißem Wasser und diverse Soßen/Gewürze ... alles wie gehabt. Auch der Touchscreen, der sich sogar auf Englisch umschalten lässt, was die Sache doch wesentlich erleichtert. (Ist das hier überall so, also auch in dem Ding, in dem ich gestern war? Das gilt es wohl als Nächstes rauszufinden.)
Ja, und dann kann geschlemmt werden. Hier läuft allerdings nur ein Band, von dem man sich einfach Teller mit Sushi runternehmen kann. Zusätzlich kann man über den Touchscreen bestellen, und die Sachen kommen dann auf dem Band auf andersfarbigen Tellern.
Kurz bevor die Bestellung dann vorbeifährt, wird man per Plingpling und einer Bandansage vorgewarnt - dasselbe passiert natürlich auch an den anderen Tischen, weshalb die Geräusch-kulisse insgesamt gewöhnungsbedürftig ist. Und umgekehrt heißt es, dass man rote Teller nicht nehmen darf, denn da sind dann Bestellungen von anderen Gästen drauf. Bestellte Getränke werden vom Servicepersonal an den Tisch gebracht.
Die Teller werden hier nicht durch einen Schlitz entsorgt, sondern auf dem Tisch gestapelt. Will man gehen, ruft man über den Touchscreen eine Bedienung, die dann die Teller zählt. Nach Anzahl und Farbe der Teller bemisst sich dann der Preis, der auf einer Chipkarte gespeichert wird. Diese bekommt man ausgehändigt, geht zur Kasse und zahlt.
Es war auf jeden Fall wieder superlecker, aber jetzt reicht es auch mal wieder mit Sushi, und ich werde mich auf die anderen Feinheiten der japanischen Küche stürzen: Ramen, Udon, Walfleisch ... (Da diesen Blog vielleicht irgendwann nicht nur Leute lesen, die mich persönlich kennen, füge ich mal vorsichtshalber hinzu: Das war Ironie! Alles gut! Ich bin Greenpeace-Fördermitglied und so!)
Bei meinem Entdeckungszug durch die japanische Küche weiß ich allerdings eines ganz genau: Was ich definitiv nicht mehr kaufen werde, ist Natto. Für diese japanische Spezialität werden Sojabohnen gekocht und danach durch die Zugabe eines Bakteriums fermentiert, so dass sich um die Bohnen eine konservierende Schleimschicht bildet. Und das Ergebnis dieses Prozesses sieht dann folgendermaßen aus:
Und wie schmeckt das Ganze? Eigentlich recht harmlos. Im Sinne von: Ich persönlich kann dem Geschmack nichts Besonderes abgewinnen, aber er ist auch nicht ekelhaft, und wenn ich irgendwo zu Gast bin und es Natto gibt, werde ich mich auf keinen Fall blamieren. Einfach die Schleimfäden ausblenden, die einem beim Essen um den Mund hängen, und hau wech das Zeuch ...
Also, ich würde es mal so sagen: Natto finde ich vor allem aufgrund des Aussehens und der starken Geruchsentfaltung eher gewöhnungsbedürftig. Wie soll ich das beschreiben? Eine Mischung aus Karamell, Kaffee und ranzigem Käse vielleicht ... Und das Aussehen spricht wohl für sich.
Ich habe mir das Zeug gleich an meinem ersten Tag hier gekauft, weil ich es unbedingt mal ausprobieren wollte - die ganzen Schauergeschichten, die ich darüber gelesen habe, haben mich neugierig gemacht. Es war ein Dreierpack - das heißt, ich habe noch zwei Packungen im Kühlschrank liegen (und der Rest der ersten Packung liegt, doppelt in eine Plastiktüte eingewickelt, immer noch im Mülleimer in meinem Zimmer - Müllentsorgung ist hier in Japan auch so ein Thema ...)
Eine meiner Kolleginnen aus dem Japanischkurs erwähnte heute, dass sie unbedingt mal Natto probieren will. Uneigennützig, wie ich bin, habe ich angeboten, ihr die Packungen bei Gelegenheit mitzubringen ...
Es gibt in Japan sogar ausgesuchte Klassiker der deutschen Küche, wie ich heute feststellen konnte, als ich mit meinen beiden Mitschülerinnen nach dem Unterricht noch auf der Suche nach einem guten und preiswerten Sushi-Restaurant durch die Innenstadt gezogen bin:
Döner in Fukuoka: Dort werde ich eine meiner nächsten Mittagspausen verbringen! |
Und nun kann ich schon mal zwei Ergebnisse als Zwischenstand meiner Recherchen festhalten:
1) Ja, das Sushi ist besser als in Deutschland, auch in den Ketten, wo ein Teller mit zwei Nigiri 100 Yen (ca. 75 Cent) kostet! Vielfältiger, mit anderen und geschmacklich interessanteren Zutaten ... Mehr gibt es zu diesem Aspekt eigentlich nicht zu sagen. Frage beantwortet.
2) Sushi-Kette ist nicht gleich Sushi-Kette. Da gibt es durchaus Unterschiede, die einem hungrigen, aber unerfahrenen Neuling wie mir das Schmausen in diesen Etablissements zu einer Herausforderung machen können. Letzeren Aspekt möchte ich im Folgenden etwas weiter ausführen:
Ich habe eine Tandempartnerin gefunden (mehr dazu in einem eigenen Post - der Post zum Thema "Wie läuft es eigentlich mit dem Japanischlernen?" ist langsam wirklich überfällig), und die hat mich und ihre Kinder zum Abschluss unseres ersten Treffens noch zum Essen in ein Sushi-Kado-Restaurant (Kette) ausgeführt. Und das war auch gut, denn ohne fachkundige - sprich: japanische - Begleitung hätte ich mich wahrscheinlich das erste Mal komplett zum Deppen gemacht. Aber jetzt weiß ich so halbwegs, wie es funktioniert: Man geht rein, meldet sich beim Empfang, bekommt einen Tisch zugewiesen und eine Karte mit Strichcode, auf der, so meine Vermutung, die Tischnummer gespeichert ist. Der Tisch befindet sich dann direkt am Band (genauer gesagt: an den Bändern, denn es gibt deren zwei, und zwar übereinander). Auf dem unteren laufen die Teller mit Sushi in allen möglichen und unmöglichen Variationen vorbei, und man nimmt sich von dort einfach, was einen anspricht. Sollte der Tisch geostrategisch ungünstig gelegen sein - sprich: die anderen Gäste an den Tischen vorher nehmen sich immer schon die interessanten Sachen runter - , kann man sich alle Gerichte auch über einen Touch-Screen bestellen, über den jeder Tisch verfügt. Dort findet man auch Gerichte, die nicht auf dem unteren Band laufen - Suppen, Getränke, Nachtische etc. Diese Sachen werden dann nach Bestellung über das obere Band geliefert und stoppen zielgenau vor dem Tisch. Man nimmt sie sich runter, drückt einen Knopf, und die Transportbehälter schießen wieder zurück in die Küche. Cooool!
Leere Teller schiebt man in einen seitlich angebrachten Schlitz. Der Preis der Gerichte wird so automatisch abgerechnet. Geschirr und Besteck, diverse Soßen und Gewürze sowie Grünteepulver und fließend heißes Wasser befinden sich an jedem Tisch und sind im Preis inbegriffen. Man sollte - zumindest, wenn man sich in der Begleitung von Japanern befindet - darauf achten, nicht die falsche Soße zum Sushi zu erwischen (die Flaschen sind natürlich nur Japanisch beschriftet, und was die zweite Soße war, die ich mir irrtümlicherweise eingegossen habe und die mir dann entrissen wurde, weiß ich immer noch nicht, denn ich habe das Kanji bisher noch nicht in meinem Wörterbuch gefunden ...)
Ebenfalls sollte man das Wissen der japanischen Begleitung nutzen und sich ein paar Sachen bestellen lassen, denn so kann man viel Neues entdecken: Sushi mit einer Art Kraut, das sich auf den zweiten Blick als kleine Fischchen herausstellte und angenehm knusprig ist, verschiedene Fischsorten - meine persönliche Neuentdeckung ist katsuo (Bonito-Fisch, eine Tunfischart) und die diversen Nachtische.
Mit diesem Vorwissen ausgestattet, wagte ich mich heute, gemeinsam mit meinen beiden Kolleginnen aus dem Japanischkurs, ein weiteres Mal in ein solches Sushi-Restaurant (ebenfalls Sushi-Kado) - und sollte einige Unterschiede bemerken: Dort muss man im Eingangsbereich auf einem Touch-Screen eintippen, zu wievielt man ist und ob man einen Tisch will oder einen bzw. mehrere nebeneinanderliegende Einzelplätze, und bekommt dann eine Wartenummer. Hier mussten wir einen der wartenden Einheimischen um Unterstützung bitten, denn leider reichten unsere gesammelten Japanisch-Kenntnisse noch nicht aus, und einen Knopf zum Umschalten auf Englisch fanden wir nicht.
Tentakeln (?); Das Grünliche ist ein Minzeblatt, das unter dem Fisch liegt. Man kann so was schon mal essen ... |
Geschirr und Besteck (= Stäbchen) am Platz, Grünteepulver + Hahn mit heißem Wasser und diverse Soßen/Gewürze ... alles wie gehabt. Auch der Touchscreen, der sich sogar auf Englisch umschalten lässt, was die Sache doch wesentlich erleichtert. (Ist das hier überall so, also auch in dem Ding, in dem ich gestern war? Das gilt es wohl als Nächstes rauszufinden.)
Ja, und dann kann geschlemmt werden. Hier läuft allerdings nur ein Band, von dem man sich einfach Teller mit Sushi runternehmen kann. Zusätzlich kann man über den Touchscreen bestellen, und die Sachen kommen dann auf dem Band auf andersfarbigen Tellern.
Kurz bevor die Bestellung dann vorbeifährt, wird man per Plingpling und einer Bandansage vorgewarnt - dasselbe passiert natürlich auch an den anderen Tischen, weshalb die Geräusch-kulisse insgesamt gewöhnungsbedürftig ist. Und umgekehrt heißt es, dass man rote Teller nicht nehmen darf, denn da sind dann Bestellungen von anderen Gästen drauf. Bestellte Getränke werden vom Servicepersonal an den Tisch gebracht.
Die Teller werden hier nicht durch einen Schlitz entsorgt, sondern auf dem Tisch gestapelt. Will man gehen, ruft man über den Touchscreen eine Bedienung, die dann die Teller zählt. Nach Anzahl und Farbe der Teller bemisst sich dann der Preis, der auf einer Chipkarte gespeichert wird. Diese bekommt man ausgehändigt, geht zur Kasse und zahlt.
Es war auf jeden Fall wieder superlecker, aber jetzt reicht es auch mal wieder mit Sushi, und ich werde mich auf die anderen Feinheiten der japanischen Küche stürzen: Ramen, Udon, Walfleisch ... (Da diesen Blog vielleicht irgendwann nicht nur Leute lesen, die mich persönlich kennen, füge ich mal vorsichtshalber hinzu: Das war Ironie! Alles gut! Ich bin Greenpeace-Fördermitglied und so!)
Bei meinem Entdeckungszug durch die japanische Küche weiß ich allerdings eines ganz genau: Was ich definitiv nicht mehr kaufen werde, ist Natto. Für diese japanische Spezialität werden Sojabohnen gekocht und danach durch die Zugabe eines Bakteriums fermentiert, so dass sich um die Bohnen eine konservierende Schleimschicht bildet. Und das Ergebnis dieses Prozesses sieht dann folgendermaßen aus:
Und wie schmeckt das Ganze? Eigentlich recht harmlos. Im Sinne von: Ich persönlich kann dem Geschmack nichts Besonderes abgewinnen, aber er ist auch nicht ekelhaft, und wenn ich irgendwo zu Gast bin und es Natto gibt, werde ich mich auf keinen Fall blamieren. Einfach die Schleimfäden ausblenden, die einem beim Essen um den Mund hängen, und hau wech das Zeuch ...
Also, ich würde es mal so sagen: Natto finde ich vor allem aufgrund des Aussehens und der starken Geruchsentfaltung eher gewöhnungsbedürftig. Wie soll ich das beschreiben? Eine Mischung aus Karamell, Kaffee und ranzigem Käse vielleicht ... Und das Aussehen spricht wohl für sich.
Ich habe mir das Zeug gleich an meinem ersten Tag hier gekauft, weil ich es unbedingt mal ausprobieren wollte - die ganzen Schauergeschichten, die ich darüber gelesen habe, haben mich neugierig gemacht. Es war ein Dreierpack - das heißt, ich habe noch zwei Packungen im Kühlschrank liegen (und der Rest der ersten Packung liegt, doppelt in eine Plastiktüte eingewickelt, immer noch im Mülleimer in meinem Zimmer - Müllentsorgung ist hier in Japan auch so ein Thema ...)
Eine meiner Kolleginnen aus dem Japanischkurs erwähnte heute, dass sie unbedingt mal Natto probieren will. Uneigennützig, wie ich bin, habe ich angeboten, ihr die Packungen bei Gelegenheit mitzubringen ...
Mittwoch, 3. Februar 2016
Einstufungstest
Die Schule ist etwa 5 Kilometer von meinem Wohnort entfernt und gut mit dem Zug erreichbar, aber ich beschloss, die Strecke zu Fuß zu gehen. So konnte ich ein paar erste Eindrücke von der Innenstadt bekommen und noch ein bisschen Lesen üben. Das bedeutete in diesem Kontext: Ich entzifferte die Hiragana und Katakana auf Straßenschildern und Reklametafeln und freute mich, wenn ich ein bekanntes Kanji sah, aber zum Erfassen des Gesamtzusammenhangs fehlt noch Einiges. Zum Glück haben hier die meisten Straßenschilder auch lateinische Buchstaben, sonst wäre die Orientierung noch härter geworden, als sie sowieso schon ist.
Der mündliche Teil war ein Gespräch, das nach einigen japanischen Höflichkeitsfloskeln auf Englisch stattfand. Die Lehrerin meinte, ich sei kein kompletter Anfänger mehr (immerhin :-)) und hätte schon gute Grundlagen, aber für einen Fortgeschrittenenkurs reiche es natürlich nicht, und sie würde mich in den Anfängerkurs schicken. Lief also wie erwartet.
Gleichzeitig mit mir kamen noch drei weitere Neuankömmlinge: Sophie und Nadine aus Deutschland (die mit mir zusammen den Anfängerkurs bilden) sowie Eugenio, ein Politikwissenschaftler aus Italien, der schon früher einige Zeit in Japan gelebt hat, zu diversen japanrelevanten Themen forscht und sprachlich schon sehr fortgeschritten ist.
Am Kego-Schrein |
Der eigentliche Unterricht begann dann gestern. Meine Eindruck nach den ersten beiden Unterrichtstagen: Nette und sehr kompetente Lehrerin, kollegiale und angenehme Kursatmosphäre, schön straffes Tempo => Ich bin zufrieden. Dazu schreibe ich mehr in einem eigenen Post.
Montag, 1. Februar 2016
Gut angekommen!
Kaum zu glauben, dass ich erst zwei Tage hier bin, gefühlt ist es schon eine Woche ...
Jedenfalls bin ich gut angekommen und habe mich inzwischen auch schon größtenteils akklimatisiert. Der Flug war ein bisschen hart, vor allem die 11 Stunden zwischen London und Tokio zogen sich ziemlich in die Länge. Da ich die Nacht zuvor kaum geschlafen hatte (letzte Sachen packen, Reisefieber etc.), war der Plan eigentlich, im Flieger die Zeitverschiebung quasi "auszuschlafen". Hat nur bedingt geklappt. Dafür konnte ich mir "The Ant Man" und "Jurassic World" reinziehen.
Nach 20 Stunden Flugzeit kam ich wohlbehalten und dank diverser koffeinhaltiger Heißgetränke halbwegs aufnahmefähig in Fukuoka an. Der Leiter meiner Sprachschule, ein Deutscher, der seit 20 Jahren in Japan lebt, holte mich vom Flughafen ab und begleitete mich im Taxi zur Wohnung. Chikako, meine Vermieterin, war nicht da, aber Hiroki, der auch hier im Haus wohnt, nahm mich in Empfang und erklärte mir alles - in gutem Deutsch, denn er hat als Austauschschüler ein Jahr in der Schweiz verbracht (was man auch an seiner Sprechweise merkt). Er lieh mir auch einen Adapter (dieses Detail ist bei meinen Vorbereitungen irgendwie an mir vorbeigegangen) und bot an, mir noch die Stadt zu zeigen. Ich habe allerdings dankend abgelehnt, weil ich zu müde war.
Ja, und dann war ich erstmal alleine hier in der Wohnung, habe mich noch ein bisschen wachgehalten und auf Chikako gewartet und bin dann gegen 18 Uhr Ortszeit ins Bett - um gestern früh, 13 Stunden später, erfrischt wieder aufzuwachen. Und seitdem sind die Sonne und ich auch wieder im selben Takt.
Das erste Treffen mit Chikako, die dann auch irgendwann aufwachte, verlief sehr herzlich und unkompliziert. Sie spricht eine Art Englisch, genauso wie ich eine Art Japanisch spreche, so dass wir sehr gut miteinander auskommen und uns in diesem Sprachmischmasch erstaunlich gut verständigen können. Sie musste dann auch gleich wieder los, nicht ohne mich aber zu einem Kammerkonzert ihrer Tochter Natsumi einzuladen.
Dann hat sie mich in die Obhut ihrer Nachbarin Yoshie übergeben (der Mutter von Hiroki) und ist abgedüst. Yoshie hat mir dann die diversen Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung gezeigt, vor allem den Supermarkt (Die Gerüche! Die Waren! Und alles ausschließlich auf Japanisch beschriftet! Asien pur! - Dazu in einem anderen Post mehr) und mich danach am Bahnhof hier um die Ecke abgeliefert, von wo ich nach Dazaifu gefahren bin, einer kleineren Stadt im Ballungsraum von Fukuoka.
Der Konzertsaal war in einem Wohngebiet, das aus der hier typischen Mischung von kleineren Häusern im mehr oder weniger stark ausgeprägten japanischen Baustil und hässlichen Betonklötzen besteht - die Mischung hat aber was. Das Wetter war frühlingshaft und warm, der Saal war spärlich, aber geschmackvoll eingerichtet (und die Schuhe mussten draußen bleiben), die Musik (Klavier und teilweise Querflöte) war mal temperamentvoll und energiegeladen, mal eher beruhigend, die etwa 25 Besucher/innen waren mir als einzigem Ausländer weit und breit gegenüber größtenteils höflich, aber distanziert, bis auf einige Ausnahmen, die unbedingt mit mir reden wollten, sich mit mir fotografieren wollten und mich als Deutsch- bzw. Englischlehrer buchen wollten - ich habe erst dort so richtig kapiert, dass ich jetzt wirklich in Japan bin. Ja, schwer zu beschreiben.
Nach dem Konzert nahmen Chikako und Natsumi mich noch mit zum Dazaifu Tenman-gū, einem shintoistischen Schrein, der dem zum Gott erhobenen Gelehrten Sugawara no Michizane gewidmet ist. Auch das war sehr eindrucksvoll - die Anlage nimmt ein ganzes Stadtviertel ein und besteht aus dem Hauptschrein, zwei Nebenschreinen, einem Landschaftspark mit Seen, Brücken, wunderschönen alten Bäumen und diversen kleineren Bauwerken sowie einem Häuserviertel, wo die Besucher/innen Essen und Souvenire erwerben können und dies, so meine Beobachtung, auch ausgiebig tun - der Shintoismus ist da sehr pragmatisch und undogmatisch, und Essen zieht bei den Japanern ja sowieso immer - ein Wesenszug, der mir sehr sympathisch ist. Die lokale Spezialität sind Umegae-mochi, Reiskuchen, die mit einer süßen Paste aus Roten Bohnen gefüllt sind - sehr lecker!
Es war schon etwas dämmrig, als wir von dort weg sind - ich werde auf jeden Fall irgendwann noch einmal nach Dazaifu fahren und mir dann auch mehr Zeit nehmen, um im Park herumzulaufen.
Am Abend habe ich dann noch ein bisschen Japanisch gelernt und mich auf den Einstufungstest vorbereitet, der heute stattfand - zu diesem Thema in einem der nächsten Posts - und bin dann relativ zeitig und relativ kaputt schlafen gegangen. Der ständige Schwall Japanisch, der hier den lieben langen Tag auf mich einströmt, schlaucht dann schon irgendwann.
Jedenfalls bin ich gut angekommen und habe mich inzwischen auch schon größtenteils akklimatisiert. Der Flug war ein bisschen hart, vor allem die 11 Stunden zwischen London und Tokio zogen sich ziemlich in die Länge. Da ich die Nacht zuvor kaum geschlafen hatte (letzte Sachen packen, Reisefieber etc.), war der Plan eigentlich, im Flieger die Zeitverschiebung quasi "auszuschlafen". Hat nur bedingt geklappt. Dafür konnte ich mir "The Ant Man" und "Jurassic World" reinziehen.
Nach 20 Stunden Flugzeit kam ich wohlbehalten und dank diverser koffeinhaltiger Heißgetränke halbwegs aufnahmefähig in Fukuoka an. Der Leiter meiner Sprachschule, ein Deutscher, der seit 20 Jahren in Japan lebt, holte mich vom Flughafen ab und begleitete mich im Taxi zur Wohnung. Chikako, meine Vermieterin, war nicht da, aber Hiroki, der auch hier im Haus wohnt, nahm mich in Empfang und erklärte mir alles - in gutem Deutsch, denn er hat als Austauschschüler ein Jahr in der Schweiz verbracht (was man auch an seiner Sprechweise merkt). Er lieh mir auch einen Adapter (dieses Detail ist bei meinen Vorbereitungen irgendwie an mir vorbeigegangen) und bot an, mir noch die Stadt zu zeigen. Ich habe allerdings dankend abgelehnt, weil ich zu müde war.
Ja, und dann war ich erstmal alleine hier in der Wohnung, habe mich noch ein bisschen wachgehalten und auf Chikako gewartet und bin dann gegen 18 Uhr Ortszeit ins Bett - um gestern früh, 13 Stunden später, erfrischt wieder aufzuwachen. Und seitdem sind die Sonne und ich auch wieder im selben Takt.
Das erste Treffen mit Chikako, die dann auch irgendwann aufwachte, verlief sehr herzlich und unkompliziert. Sie spricht eine Art Englisch, genauso wie ich eine Art Japanisch spreche, so dass wir sehr gut miteinander auskommen und uns in diesem Sprachmischmasch erstaunlich gut verständigen können. Sie musste dann auch gleich wieder los, nicht ohne mich aber zu einem Kammerkonzert ihrer Tochter Natsumi einzuladen.
"Born in France, bottled in Japan" - Orangina gibt es auch hier! Da kommen Urlaubs- erinnerungen hoch ... |
Der Konzertsaal war in einem Wohngebiet, das aus der hier typischen Mischung von kleineren Häusern im mehr oder weniger stark ausgeprägten japanischen Baustil und hässlichen Betonklötzen besteht - die Mischung hat aber was. Das Wetter war frühlingshaft und warm, der Saal war spärlich, aber geschmackvoll eingerichtet (und die Schuhe mussten draußen bleiben), die Musik (Klavier und teilweise Querflöte) war mal temperamentvoll und energiegeladen, mal eher beruhigend, die etwa 25 Besucher/innen waren mir als einzigem Ausländer weit und breit gegenüber größtenteils höflich, aber distanziert, bis auf einige Ausnahmen, die unbedingt mit mir reden wollten, sich mit mir fotografieren wollten und mich als Deutsch- bzw. Englischlehrer buchen wollten - ich habe erst dort so richtig kapiert, dass ich jetzt wirklich in Japan bin. Ja, schwer zu beschreiben.
Nach dem Konzert nahmen Chikako und Natsumi mich noch mit zum Dazaifu Tenman-gū, einem shintoistischen Schrein, der dem zum Gott erhobenen Gelehrten Sugawara no Michizane gewidmet ist. Auch das war sehr eindrucksvoll - die Anlage nimmt ein ganzes Stadtviertel ein und besteht aus dem Hauptschrein, zwei Nebenschreinen, einem Landschaftspark mit Seen, Brücken, wunderschönen alten Bäumen und diversen kleineren Bauwerken sowie einem Häuserviertel, wo die Besucher/innen Essen und Souvenire erwerben können und dies, so meine Beobachtung, auch ausgiebig tun - der Shintoismus ist da sehr pragmatisch und undogmatisch, und Essen zieht bei den Japanern ja sowieso immer - ein Wesenszug, der mir sehr sympathisch ist. Die lokale Spezialität sind Umegae-mochi, Reiskuchen, die mit einer süßen Paste aus Roten Bohnen gefüllt sind - sehr lecker!
Es war schon etwas dämmrig, als wir von dort weg sind - ich werde auf jeden Fall irgendwann noch einmal nach Dazaifu fahren und mir dann auch mehr Zeit nehmen, um im Park herumzulaufen.
Am Abend habe ich dann noch ein bisschen Japanisch gelernt und mich auf den Einstufungstest vorbereitet, der heute stattfand - zu diesem Thema in einem der nächsten Posts - und bin dann relativ zeitig und relativ kaputt schlafen gegangen. Der ständige Schwall Japanisch, der hier den lieben langen Tag auf mich einströmt, schlaucht dann schon irgendwann.
Abonnieren
Posts (Atom)