Am Samstag war ich im Fukuoka Asian Art Museum. Mit von der Partie waren mein deutscher Mitbewohner Amine sowie Shima, eine japanische Bekannte, die ich eine Woche vorher in meinem neuen Stamm-Spielecafé kennengelernt hatte. Sie hat 8 Jahre ihres Lebens in Kanada verbracht, spricht hervorragend Englisch und studiert - wie sich dann im Museum herausstellte - Produktdesign.
Fukuoka bzw. der Norden von Kyūshū sind ja aufgrund der geographischen Lage ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und Austausch mit dem asiatischen Festland, und die Stadt pflegt dieses Image des weltoffenen japanischen "Tors zur Welt" sehr offensiv. Auch das Museum trägt dem Rechnung: Hier werden in ständig wechselnden Ausstellungen Werke zeitgenössischer Künstler/innen aus diversen asiatischen Ländern gezeigt. Außerdem gibt es verschiedene Artist-in-Residence-Programme, offene Werkstätten etc., mit denen das Museum Nachwuchskünstler/innen fördert.
Wir waren dann letztendlich nur in einer Ausstellung, und zwar über Hakata-ori. Das ist, wie ich gelernt habe, eine spezielle Webtechnik zur Herstellung von Stoffen. Diese kam im 13. Jahrhundert von China nach Japan bzw. konkret nach Fukuoka und wurde dann hier weiterentwickelt, so dass ein eigener Stil entstand. Hakata-ori zeichnet sich durch besondere Festigkeit des Materials sowie einen bestimmten Stil in der Gestaltung der Stoffe aus und unterscheidet sich beispielsweise von den Stoffen, die in Kansai produziert werden (und deren Namen ich leider vergessen habe).
Die Ausstellung selbst bestand aus Arbeiten von Collegestudent/innen unterschiedlicher Semester, aber auch von bereits etablierten Vertreter/innen der Hakataori-Handwebekunst.
Na ja, Stoffe sind jetzt nicht wirklich mein Thema und werden es wohl auch nicht werden. Aber interessant war es trotzdem: Amine und ich fielen als westliche Ausländer ziemlich auf, und anscheinend war unser Besuch etwas Besonderes, denn der Ausstellungsleiter, Herr Obuchi, nahm sich sofort unserer an, führte uns durch die Exponate und klärte uns in gutem Englisch über die Feinheiten der Stoffherstellung und -verarbeitung auf.
Auch wenn das Ganze, wie gesagt, nicht mein Thema ist: Ich fand es faszinierend, mit welcher Begeisterung Herr Obuchi von seinem Fach erzählte und wieviele Sachen er anhand eines einzigen Stücks Stoff darstellen konnte: Wie Fadenführung und Webtechnik die Gestaltung des Stoffmusters beeinflussen; wie die Webtechnik sich auf Stabilität und Reißfestigkeit des Stoffs (und damit auf seine Einsatzmöglichkeiten) auswirkt; dass Hakata-Tuch wegen seiner Reißfestigkeit z. B. für Schwertgürtel bevorzugt wurde, aber die Reißfestigkeit eine spezielle Webtechnik erfordert, die wiederum die Ornamentik beeinflusst, während die Kansai-Technik komplexere Muster ermöglicht und daher für Festgewänder bevorzugt wurde; dass jedes Muster aus einzelnen Motiven besteht, die wiederum eine tradierte Bedeutung haben; etc.
Der Blick fürs Detail, die Fokussierung auf ein eng umrissenes Gebiet und das Bestreben, auf diesem Gebiet nicht nur sehr gut, sondern perfekt zu werden - das ist es, was mich an der traditionellen japanischen Kultur so fasziniert.
Eigentlich war in der Ausstellung Fotografierverbot, aber die Arbeiten von Herrn Obuchi durfte ich ablichten. Rechts Herr Obuchi und Shima beim Fachsimpeln. |
Nach diesem Ausflug in die japanische Kulturgeschichte sind wir noch ins "Frontier" - ein gemütliches und recht gut ausgestattetes Spielecafé. Ich war jetzt schon mehrere Male dort und bin echt froh, es entdeckt zu haben. Die Spielszene in Fukuoka scheint recht klein zu sein, aber die Leute sind supernett und sehr offen. Trotz Sprachbarriere macht es einfach immer wieder Spaß, und man glaubt gar nicht, wie viel man mit Händen und Füßen rumblödeln und -witzeln kann.
Diesmal war recht viel Betrieb, es war irgendwie Spielefestival oder so was, jedenfalls waren etwa 15 Leute dort.
Ich hatte "Too many Cinderellas" mitgebracht, das ich mir hier in Fukuoka gekauft hatte und möglichst schnell mal ausprobieren wollte. Einige der Leute kannten es schon und konnten die Regeln erklären, die Shima dann ins Englische übersetzte (die Spielanleitung ist ausschließlich auf Japanisch, was meine überschaubaren Sprachkenntnisse noch überfordert). Das Spiel kam ziemlich gut an, und ich selbst bin einfach begeistert! Schnell runtergespielt, einfache Regeln, aber schöner Spielmechanismus mit interessanten Möglichkeiten zum Taktieren, das Ganze mit witzigem Thema. Soweit dazu in aller Kürze, für weitere Infos siehe Boardgamegeek.
Danach fand sich noch eine Monopoly-Runde zusammen - das Spiel scheint dort recht beliebt zu sein. Ich hatte es schon seeeeeehr lange nicht mehr gespielt und bin eigentlich auch kein großer Fan davon, aber es hat trotzdem Spaß gemacht - nicht zuletzt, weil wir dabei ziemlich viel in einem Mischmasch aus Japanisch und Englisch rumgeblödelt haben - und es ist, mit den richtigen Leuten gespielt, eine gute Möglichkeit zum Japanischüben: Man wiederholt die Zahlen, übt das Lesen der Katakana (die Straßenbezeichnungen sind in Katakana geschrieben) und lernt nützliche Wörter und Phrasen wie "Bahnhof", "würfeln", "Du bist dran", "Danke. Bitte beehren Sie uns bald wieder" sowie diverse Möglichkeiten, "Verdammt!" zu sagen.
Wen es interessiert: Ich hatte ziemliches Würfelglück, konnte mir irgendwann alle vier Bahnhöfe sowie Elektrizitäts- und Wasserwerk sichern und habe gewonnen :-)
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